Online-Nachricht - Donnerstag, 09.11.2023
Einkommensteuer | Steuerbarkeit von Sachzuwendungen an Privatkunden (BFH)
Sachzuwendungen eines Kreditinstituts an seine Privatkunden, die der Pflege der Geschäftsbeziehung dienen, führen nicht zur Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG (BFH, Urteil v. 9.8.2023 - VI R 10/21; veröffentlicht am 9.11.2023).
Hintergrund: Gem. § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, und die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben; Entsprechendes gilt nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten Geschenke i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Sachverhalt: Die Klägerin betreibt ein Kreditinstitut. Sie lud in den Streitjahren 2012 und 2015 Privatkunden zu einer Weinprobe und einem Golfturnier ein. In ihrer Einladung wies sie weder auf eine bestimmte Geldanlage oder mögliche Beratungsgespräche noch auf die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer hin. Zu den eingeladenen Gästen unterhielt sie Geschäftsbeziehungen. Diese betrafen z.B. Giro- oder Sparkonten, Festgelder, Wertpapierdepots und Darlehen. Die Klägerin unterwarf die Sachzuwendungen der Pauschalbesteuerung. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung machte sie geltend, für "reine Werbemaßnahmen ohne konkrete Produktwerbung" an Privatkunden sei keine Steuer abzuführen. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts unterliegen die Sachzuwendungen als Entgelt für die Kapitalüberlassung der Pauschalsteuer (s. unsere Online-Nachricht v. 6.7.2021).
Der BFH wies die Revision des Finanzamtes zurück:
- Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG erfasst nur solche betrieblich veranlassten Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern dem Grunde nach zu einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen )Steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl (vgl. BFH, Urteil v. 16.10.2013 - VI R 57/11, BFH, Urteil v. 21.2.2018 - VI R 25/16 und BFH, Urteil v. 7.7.2020 - VI R 14/18).
- Gleichwohl schuldete die Klägerin hierfür keine Pauschalsteuer gemäß § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Denn die von ihr gewährten, betrieblich veranlassten Zuwendungen führten als einzige in Betracht kommende Einkunftsart bei den Zuwendungsempfängern nicht zu einkommensteuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen. Ob die streitgegenständlichen Zuwendungen zusätzlich zu einer ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung der Klägerin erbracht wurden, konnte der Senat daher offenlassen.
- Es handelte sich bei den Veranstaltungen um (Werbe-)Maßnahmen der Kundenpflege und -bindung, welche den Kundenberatern der Klägerin allgemein als "Türöffner" dienten und deren Chancen auf künftige Geschäftsabschlüsse, insbesondere die Vermittlung weiterer Kapitalanlagen auch von Drittanbietern, mit den vermögenden Teilnehmern erhöhen sollten.
Quelle: BFH, Urteil v. 9.8.2023 - VI R 10/21; NWB Datenbank (JT)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).