Online-Nachricht - Donnerstag, 23.11.2023

Gewerbesteuer | Hinzurech­nung von Mieten für Stand­flächen bei Imbiss­betrieben im Reise­gewerbe (BFH)

Eine Hinzurech­nung von Mieten für Stand­flächen eines im Reise­gewerbe tätigen Imbiss­betriebs nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist wegen der Voraus­setzungs­losig­keit der Eigen­tums­fiktion unab­hängig davon möglich, ob es im Reise­gewerbe Vergleichs­betriebe gibt, die mit in ihrem Eigen­tum stehenden Verkaufs­flächen arbeiten (BFH, Urteil vom 12.10.2023 - III R 39/21; veröffent­licht am 23.11.2023).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der in den Erhebungs­zeiträumen 2014 und 2015 geltenden Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbe­betrieb (§ 7 GewStG) ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchst. a bis f benannten Aufwen­dungen hinzu­gerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 € übersteigt. Hinzugerechnet wird dabei auch ein Viertel aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschafts­güter des Anlage­vermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine gewerblich tätige GmbH. Sie verkaufte in den Streitjahren 2014 und 2015 mit Verkaufs­ständen an ständig wechselnden Orten gastro­nomische Leistungen in Form von zubereiteten Speisen. Für die Verkaufsstände mietet sie kurzzeitig - jeweils für die Dauer von einzelnen Tagen bis hin zu mehreren Wochen - Standplätze auf Märkten, Festivals und anderen Veranstaltungen an. Die zu verkaufenden Speisen bereitet die Klägerin in den Ständen zu. Hierfür erforderliche Betriebsmittel wie Wasser und Strom stellen die Vermieter zur Verfügung.

Das FA rechnete dem Gewinn der Klägerin Mieten (langfristige Anmietungen und Standmiete) nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzu. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (Sächsisches FG, Urteil v. 16.11.2021 1 K 854/21, s. hierzu Rätke, BBK 11/2022 S. 494).

Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin zurück:

  • Die Voraussetzungen für eine gewerbe­steuer­recht­liche Hinzurechnung der Mieten für die von der Klägerin angemieteten Standplätze liegen vor.
  • Da die Frage, ob die streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter dem Anlage­vermögen zuzuordnen sind, anhand des konkreten Geschäfts­gegenstands und der speziellen betrieblichen Verhältnisse der Klägerin zu beantworten ist, kommt es insoweit entscheidend auf die tatsächlichen Feststellungen und die tatsächliche Würdigung des FG an.
  • Wegen der Voraussetzungslosigkeit der Eigentumsfiktion kommt es - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht darauf an, ob es im Reisegewerbe Vergleichsbetriebe gibt, die insoweit mit Eigenkapital, also mit in ihrem Eigentum stehenden Standplätzen, arbeiten, und ob die Klägerin eine Wahlmög­lichkeit zwischen einer Anmietung und einem Erwerb der Standplätze hat (BFH, Urteil v. 8.12.2016 - IV R 24/11, BStBl II 2022, 276, Rz 16).
  • Der Annahme von Anlagevermögen steht nicht entgegen, dass die Standplätze von der Klägerin regelmäßig nur für kurze Zeit - nach den Feststellungen des FG für die Dauer von einzelnen Tagen bis hin zu mehreren Wochen - angemietet wurden. Auch eine regelmäßig nur für kurze Zeit erfolgende Anmietung von unterschied­lichen Standflächen bewirkt deren Zuordnung zum (fiktiven) Anlagevermögen, wenn sich die wiederholte kurzfristige Anmietung ähnlicher Standflächen als Surrogat einer langfristigen Nutzung solcher Standflächen darstellt.
  • Schließlich gehören die Mietzinsen entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nicht zu den Herstellungs­kosten der von der Klägerin vertriebenen Produkte und sind deshalb auch aus diesem Grund nicht von der Hinzurechnung ausgeschlossen. Eine Umquali­fizierung von Mieten für Standflächen in Herstellungs­kosten der angebotenen Produkte scheidet aus, wenn die Aufwendungen bei einer Gesamtbetrachtung unter das Einbeziehungs­verbot für Vertriebskosten fallen (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB).

 
Quelle: BFH, Urteil vom 12.10.2023 - III R 39/21; NWB Datenbank (il)

 
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