Online-Nachricht - Donnerstag, 14.12.2023
Einkommensteuer | Überentnahmen in einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur (BFH)
Die Übertragung eines Gewinns nach § 6b EStG auf einen anderen Rechtsträger führt mangels einlagefähigen Wirtschaftsguts für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG nicht zu einer überentnahmemindernden Einlage beim übertragenden Rechtsträger (BFH, Urteil v. 27.9.2023 - IV R 8/21; veröffentlicht am 14.12.2023).
Hintergrund: Nach § 4 Abs. 4a EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieser Regelung nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 1 bis 4 EStG).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Übertragung einer Reinvestitionsrücklage gem. § 6b EStG von der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft bei der Ermittlung der Überentnahmen wie eine Einlage zu berücksichtigen ist.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg:
- Die betriebsbezogene Betrachtung im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG gilt auch bei mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen.
- Der erkennende Senat sieht auch im Bereich der mehrstöckigen Personengesellschaften keinen Raum für die von der Klägerin befürwortete betriebsübergreifende "konzernbezogene" Betrachtung des Entnahmebegriffs. Eine allgemeine Konzernbesteuerung ist dem Einkommensteuerrecht fremd (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 30.11.2017 - IV R 22/15).
- Für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG gilt nichts anderes. Es fehlt an einer entsprechenden Rechtsgrundlage (im Ergebnis ebenso FG Düsseldorf, Urteil v. 8.4.2010 - 11 K 3720/08 F).
- Auch der allgemeine Entnahmebegriff des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG erfasst nicht nur Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige für sich oder seinen Haushalt mithin für private Zwecke entnimmt, sondern auch Entnahmen für andere betriebsfremde Zwecke. Dies sind die Zwecke eines anderen Betriebs.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.9.2023 - IV R 8/21; NWB Datenbank (JT)
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