Online-Nachricht - Donnerstag, 18.01.2024
Gewerbesteuer | Ankauf notleidender Darlehensforderungen nicht ohne Weiteres originär gewerbliche Tätigkeit (BFH)
Der nachhaltige Ankauf von notleidenden Darlehensforderungen begründet nicht ohne Weiteres die Annahme einer originär gewerblichen Tätigkeit des Forderungskäufers. Ob die Tätigkeit eines Forderungskäufers die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschreitet, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu beurteilen (BFH, Urteil v. 30.11.2023 - IV R 10/21; veröffentlicht am 18.1.2024).
Hintergrund: Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Eine Personengesellschaft erzielt gewerbliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit Abs. 2 EStG) betreiben. Des Weiteren gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die gewerblich geprägte Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin im Streitjahr. Gegenstand der Klägerin war "der Ankauf von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Wertpapieren und sonstigen Kapitalanlagen aller Art sowie deren Vermietung, Verpachtung und Verwaltung ihres eigenen Vermögens".
In den Jahren 2004 bis 2006 kaufte die Klägerin von mehreren Banken notleidende Darlehensforderungen unter Nennwert an oder löste Darlehensforderungen durch Zahlung einer unter Nennwert der Gesamtforderungen liegenden Summe gegen Freigabe diverser Sicherheiten ab.
Im Folgenden flossen der Klägerin aus einem Teil der Kauf- und Ablösungsvorgänge unregelmäßig Einnahmen aus den abgetretenen Forderungen sowie den zur Sicherung abgetretenen Vermögensansprüchen zu, etwa Mieteinnahmen oder Auskehrungen von Grundstücksverkaufserlösen.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts war die Klägerin im Streitjahr an einer GmbH & Co. KG beteiligt, für die bestandskräftig gewerbliche Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt waren. Im Streitjahr nahm die Klägerin an deren Gewinnverteilung jedoch nicht teil.
Die Klägerin erklärte ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen, eine Gewerbesteuererklärung gab sie nicht ab.
Das Finanzamt erließ abweichend hiervon einen Gewerbesteuermessbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO.
Die Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen und die Richter des BFH führten hierzu aus:
- Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin im Streitjahr nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Insbesondere da die Klägerin weder als gewerblich geprägte Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG anzusehen war noch eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat.
- Auch die Entscheidung des FG, dass die Klägerin keine Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG erzielt hat, ist frei von Rechtsfehlern. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH im Übrigen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (BFH, Beschluss v. 25.6.1984 - GrS 4/82; seitdem ständige Rechtsprechung, z. B. BFH, Urteil v. 31.5.2007 - IV R 17/05, BFH, Urteil v. 11.10.2012 - IV R 32/10, Rz 23 ff.; BFH, Urteil v. 19.1.2017 - IV R 50/14, Rz 26).
- Bei einem Forderungskäufer kommt es zur Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungs-, sondern auf die Beschaffungsseite an (Bestätigung der Rechtsprechung).
- § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt (Bestätigung der Rechtsprechung).
- Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht.
Quelle: BFH, Urteil v. 30.11.2023 - IV R 10/21; NWB Datenbank (GR)
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