Online-Nachricht - Dienstag, 27.02.2024

Erbschaftsteuer | Jastrowsche Klausel im Berliner Testa­ment – Besteue­rung eines betagt­en Vermächt­nisses (BFH)

Setzen Ehegatten in einem sog. Berliner Testa­ment sich gegenseitig als Allein­erben ein und gewähren den­jenigen Kindern ein betagtes Ver­mächtnis, die beim Tod des Erst­verster­benden ihren Pflichtteil nicht fordern (sog. Jastrowsche Klausel), kann der über­lebende Ehegatte als Erbe des erst­versterben­den Ehegatten die Vermächtnis­verbind­lich­keit nicht als Nachlass­verbind­lichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das Kind hat den Erwerb des betagten Vermächt­nisses bei dem Tod des überlebenden Ehegatten als von diesem stammend zu versteuern. Ist es zugleich Erbe des zuletzt verstorbenen Ehegatten, kann es das Vermächtnis als Nachlass­verbind­lichkeit in Abzug bringen (BFH, Urteil v. 11.10.2023 - II R 34/20; veröffent­licht am 27.2.2024).

Sachverhalt: Die Eltern der Klägerin errichteten zunächst ein sog. Berliner Testament. Mit diesem in der Praxis häufig vorkom­menden Testament setzten sich die Eltern gegen­seitig zu Alleinerben ein, wobei der über­lebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Überdies enthielt das Testament eine sog. Jastrowsche Klausel. Diese regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten bei Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstver­storbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstver­storbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, dass mit dem Tod der Mutter fällig wurde.

Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaft­steuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Das Vermächtnis rechnete es weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlass­verbind­lichkeit in Abzug gebracht. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlass­verbind­lichkeit abzugsfähig. Mit ihrer Klage hatte sie in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: FG Hamburg, Urteil v. 21.2.2020 - 3 K 191/18).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Im Streitfall ist das Vermächtnis bei der Klägerin nicht doppelt besteuert worden. Der Wert des Vermächt­nisses wurde zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin.
  • Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließ­lich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter über.
  • Die Mutter konnte die Vermächtnis­verbind­lichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte.
  • Nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlass­verbind­lichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.
  • Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht - einmal (ohne Abzugs­möglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter- ist für die Steuer­pflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht jedoch nicht zu beanstanden.
  • Es liegt an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die - um den über­lebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten - das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstver­storbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

 
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 27.2.2024 zu BFH, Urteil v. 11.10.2023 - II R 34/20 (il)

 
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