Online-Nachricht - Donnerstag, 07.03.2024
Gewerbesteuer | Bankenprivileg für eine Konzernfinanzierungsgesellschaft (BFH)
Die Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs setzt nicht voraus, dass das Unternehmen mit Bankgeschäften höhere Gewinne erzielt als mit sonstigen Geschäften. Maßgeblich ist, dass die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. Das gilt (jedenfalls in den Erhebungszeiträumen 2008 bis 2017) auch für Konzernfinanzierungsgesellschaften (BFH, Urteil v. 30.11.2023 - III R 55/20; veröffentlicht am 7.3.2024).
Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der in den Erhebungszeiträumen 2008 bis 2017 geltenden Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchstaben a bis f benannten Aufwendungen hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von (damals) 100.000 € übersteigt. Hinzugerechnet wird dabei auch ein Viertel der Entgelte für Schulden (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG). Diese Hinzurechnung findet bei Banken jedoch nur eingeschränkt statt, um dem hohen Fremdmitteleinsatz Rechnung zu tragen (sog. Bankenprivileg, § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV).
Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte in den Streitjahren überwiegend im Konzernverbund diverse Dienstleistungen. Darüber hinaus nahm sie faktisch die Stellung einer Konzernfinanzierungsgesellschaft ein und erfüllte dadurch die Voraussetzungen eines Kreditinstituts im Sinne des § 1 des Kreditwesengesetzes (KWG). Bei einem Vergleich der Aktivposten überwog das Bankgeschäft die bankfremden Geschäfte. Dagegen waren die Umsatzerlöse und Erträge der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Dienstleistungsunternehmen höher als die aus ihrer Tätigkeit als Finanzierungsgesellschaft.
Das Finanzamt und nachfolgend das Finanzgericht gingen deshalb davon aus, dass es sich bei der Klägerin um kein im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtetes Unternehmen handelte und sie deshalb das gewerbesteuerrechtliche Bankenprivileg nicht in Anspruch nehmen konnte (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil v. 26.8.2020 - 8 K 622/19).
Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg:
- Voraussetzung der Inanspruchnahme des Bankenprivilegs ist u.a., dass das Unternehmen ein Kreditinstitut im Sinne des § 1 KWG ist und im Wesentlichen eigentliche Bankgeschäfte tätigt.
- In den Streitjahren 2008 bis 2017 galten auch Konzernfinanzierungsgesellschaften als Kreditinstitute.
- Ob das Unternehmen im Wesentlichen Bankgeschäfte tätigt, bestimmt sich allein nach dem in § 19 Abs. 2 der GewStDV vorgesehenen Aktivpostenvergleich und nicht nach Umsatz- oder Ertragszahlen.
- Der Wortlaut von § 19 Abs. 2 GewStDV in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 stellt allein auf den Aktivpostenvergleich ab und nennt daneben keine weiteren Kriterien. § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG und § 19 Abs. 1 GewStDV regeln keine davon abweichenden Maßstäbe.
- Der systematische Zusammenhang spricht ebenfalls dafür, dass im Fall des § 19 Abs. 2 GewStDV der Aktivpostenvergleich maßgeblich ist und es nicht (zum Beispiel) auf einen Umsatzvergleich ankommt. § 19 Abs. 4 Satz 2 GewStDV sieht in Durchbrechung des § 19 Abs. 2 GewStDV für Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute ausdrücklich eine Umsatzgrenze vor, woraus deutlich wird, dass dem Gesetzgeber die unterschiedlichen Maßstäbe bewusst waren. Entsprechendes gilt für § 35c Abs. 1 Nr. 2 GewStG: Buchst. f der Vorschrift enthält in Satz 2 eine Bestimmung, wonach die Umsätze mindestens in dem dort genannten Umfang auf bestimmte Geschäfte entfallen müssen. Hingegen hat der Gesetzgeber in dem im Streitfall maßgeblichen § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG auf eine entsprechende Regelung verzichtet.
- Neben der historischen Auslegung der Norm sprechen auch Sinn und Zweck des Bankenprivilegs für die hier gefundene Auslegung: Der Aktivpostenvergleich berücksichtigt den hohen Fremdmitteleinsatz und die Funktion des Unternehmens als Durchlaufstation bei der Kreditgewährung. Über die Rechtsfolge des § 19 Abs. 1 GewStDV wird typisiert sichergestellt, dass für bankfremde Geschäfte eine Hinzurechnung der Entgelte für Schulden erfolgt. Bei Konzernfinanzierungsgesellschaften wirkt sich das Bankenprivileg deshalb regelmäßig nur bei den eigentlichen Bankgeschäften aus; im Übrigen findet eine Hinzurechnung statt (vgl. etwa Graw in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 67a, m.w.N.).
- Danach erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen des Bankenprivilegs.
Quelle: BFH, Urteil v. 30.11.2023 - III R 55/20; NWB Datenbank (il)
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