Online-Nachricht - Mittwoch, 15.05.2024

Einkommensteuer | Kosten­erstat­tungen eines kirch­lichen Arbeit­gebers für erwei­terte Führungs­zeug­nisse kein Arbeits­lohn (BFH)

Kostenerstat­tungen eines kirch­lichen Arbeit­gebers an seine Beschäf­tigten für die Erteilung erweiterter Führungs­zeug­nisse, zu deren Einholung der Arbeit­geber zum Zwecke der Präven­tion gegen sexualisierte Gewalt kirchen­rechtlich ver­pflichtet ist, führen nicht zu Arbeits­lohn (BFH, Urteil v. 8.2.2024 - VI R 10/22; veröf­fent­licht am 10.5.2024).

Sachverhalt: Der Kläger, ein kirchlicher Arbeitgeber, beschäftige Arbeit­nehmer im sozialen Bereich, insbesondere Geistliche, Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter. Er verlangte von diesen nach den internen Vorgaben zur Prävention sexualisierter Gewalt an Minder­jährigen und sonstigen Schutzbefohlenen die Ausstellung sog. erweiterter Führungs­zeugnisse und übernahm die hierfür anfallenden Kosten. Das FA sah in den über­nom­menen Aufwendungen für die Erteilung der erweiterten Führungs­zeugnisse in den laufenden Beschäfti­gungs­verhält­nissen steuer­pflichtigen Arbeitslohn.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (FG Münster, Urteil v. 23.3.2022 - 7 K 2350/19 AO, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.5.2022).

Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA zurück:

  • Das FG der ersten Instanz hat zu Recht angenommen, dass die Erstattung der Aufwendungen für die Einholung der erweiterten Führungs­zeugnisse in den Streitjahren im ganz überwiegend eigen­betrieblichen Interesse erfolgte und deshalb kein Arbeitslohn vorlag.
  • Die Vorinstanz hat zutreffend berück­sichtigt, dass die Verpflichtung, sich erweiterte Führungs­zeugnisse vorlegen zu lassen, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 PrävO a.F. nur die kirchlichen Rechtsträger betraf. Diese waren nach den Ausfüh­rungs­bestim­mungen zu § 5 PrävO a.F., zu deren Erlass der Generalvikar gemäß § 14 PrävO a.F. ermächtigt war, des Weiteren verpflichtet, die anfallenden Kosten für die Erteilung der erweiterten Führungs­zeugnisse zu tragen und als Folge davon den Arbeit­nehmern die hierfür verauslagten Aufwendungen zu erstatten.
  • Die kirchlichen Rechtsträger konnten sich den durch § 5 Abs. 1 Satz 1 PrävO a.F. und den hierzu erlassenen Ausfüh­rungs­bestim­mungen begründeten und damit nicht auf (Individual-)Verein­barungen mit den Arbeit­nehmern beruhenden Verpflich­tungen nicht entziehen. Denn diese Bestimmungen waren für sie kirchenrechtlich verbindlich.
  • Die Einholung der erweiterten Führungs­zeugnisse durch die Arbeitnehmer erfolgte hiernach aufgrund einer nur die kirchlichen Rechtsträger, nicht aber die Arbeitnehmer treffenden (kirchenrechtlichen) Verpflichtung.
  • Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern aber regel­mäßig nicht, wenn er aus­schließlich eine eigene, insbesondere nicht gegenüber den Arbeit­nehmern bestehende Verpflichtung erfüllt (s. BFH, Urteil v. 1.10.2020 - VI R 11/18, BStBl II 2021, 352, Rz 14).
Die zur Erfüllung einer entsprechenden Verpflichtung entstehenden Kosten wendet der Arbeit­geber in einer solchen Konstellation im eigenen Interesse auf. Sie sind Ausfluss seiner eigenbetrieblichen Tätigkeit.
  • Haben die Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber für dessen eigen­betriebliche Tätigkeit zu tragenden Kosten - wie im Streitfall - zunächst aus eigenen Mitteln verauslagt, wendet der Arbeitgeber ihnen mit der Erstattung ihrer Aufwen­dungen keinen Vorteil zu, der sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügung­stellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeit­nehmers erweisen könnte.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 8.2.2024 - VI R 10/22; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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