Stundungsregelung des § 6b Abs. 2a EStG bei Reinvestitionen in anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat

Mit § 6b Abs. 2a EStG führte der Gesetzgeber durch das StÄndG 2015 v. 2.11.2015 (BGBl 2015 I S. 1834) eine neue, rückwirkend anwendbare Stundungsregelung für ins Ausland übertragene Veräußerungsgewinne ein, nachdem der EuGH erkannt hatte, dass das sog. Inlandserfordernis in § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt (EuGH, Urteil v. 16.4.2015 - Rs. C-591/13). Der BFH hat diese Neuregelung für gemeinschaftskonform erklärt (Urteil v. 22.6.2017 - VI R 84/14, BStBl 2018 II S. 171) und das BMF hat dieses Urteil zum Anlass genommen, ein Schreiben zu veröffentlichen, das Zweifelsfragen zur Anwendung dieser Stundungsregelung klärt (Schreiben v. 7.3.2018, BStBl 2018 I S. 309).

Das BMF-Schreiben v. 7.3.2018: Großzügige Lösung von Zweifelsfragen im Zusammenhang mit § 6b Abs. 2a EStG
Nach dem BMF-Schreiben ist der nach dem Gesetz „nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung“ der begünstigten Wirtschaftsgüter zu stellende formlose Antrag auch noch bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft des betroffenen Steuerbescheids zuzulassen (BMF, Schreiben v. 7.3.2018, BStBl 2018 I S. 309, Rz. 2).

Werden die Einkünfte, bei denen der begünstigte Veräußerungsgewinn erfasst ist, gesondert oder gesondert und einheitlich festgestellt, ist der Stundungsantrag beim Wohnsitz-Finanzamt zu stellen. In Betriebsveräußerungsfällen soll „die Regelung in R 6b.2 Abs. 10 EStR ... entsprechende Anwendung“ finden. Da Gewinnübertragung und Stundungsregelung einander ausschließen, ist die Vorteilhaftigkeit der Wahlrechte zu prüfen. Im Übrigen wird weder eine Reinvestitionsabsicht vorausgesetzt noch gefordert, dass im Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine ausländische Betriebsstätte vorhanden ist.

Die gesetzlich angeordnete Rückwirkung der Stundungsregelung bedingt eine besondere Behandlung der sog. Altfälle, also der Sachverhalte, in denen vor Inkrafttreten des § 6b Abs. 2a EStG (am 6.11.2015) eine Rücklage für eine Auslandsreinvestition gebildet worden war. In diesen Fällen ist die Rücklage zwangsweise aufzulösen und stattdessen die Stundungsregelung für Auslandsinvestitionen zu gewähren (BMF, Schreiben v. 7.3.2018, BStBl 2018 I S. 309, Rz. 9). Daher soll der Gewinn aus der Auflösung der gesetzwidrig gebildeten Rücklage nach § 6b Abs. 2a EStG begünstigt werden. Die auf diesen Gewinn entfallende und festgesetzte Steuer kann dann in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden.

Fazit: Das BMF-Schreiben behandelt in fünf Abschnitten die Antragstellung, das Verhältnis des § 6b Abs. 2a EStG zu § 6b Abs. 1 und 3 EStG, die Behandlung von „Altfällen“, die Reinvestitionsabsicht und die Rechtsfolgen partieller oder ausbleibender Reinvestitionen. Im Ergebnis handelt es sich dabei nicht um ein umfassendes Anwendungsschreiben, sondern eher um eine unsystematische Zusammenstellung einiger Einzelaspekte der Neuregelung, die viel Spielraum für weitere Klärung durch die Rechtsprechung lässt.

Quelle: Kanzler, NWB direkt 23/2018 S. 601 (Kurzfassung); NWB 23/2018 S. 1668 (ausführlicher Beitrag).

Hinweis
Eine ausführliche Kommentierung des § 6b EStG finden Sie in KKB/Kanzler, § 6b EStG, 3. Aufl., Stand: 12.06.2018, NWB DokID: MAAAG-64316. Das vorgenannte BMF-Schreiben vom 7.3.2018 ist in der Online-Fassung des EStG-Kommentars bereits eingearbeitet (s. insbesondere Rn. 139 ff. der Kommentierung zu § 6b EStG).

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