„Finale“ ohne Ende – „finale“ Betriebsstättenverluste

Worum es geht
Haben zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union miteinander ein DBA mit Freistellungsmethode für gebietsfremde Betriebsstätten geschlossen, sind die positiven wie auch die negativen Einkünfte der ausländischen „Freistellungsbetriebsstätte“ im Inland von der Besteuerung ausgenommen. Es ist Sache des jeweiligen nationalen Rechts, ob Verluste einer ausländischen Betriebsstätte dort dennoch zu berücksichtigen sind.
Was bei „gesundem“ Geschäftsverlauf noch nicht besonders spannend ist, wirft Fragen auf, wenn die Auslandsbetriebsstätte ihren Geschäftsbetrieb einstellt und negative Einkünfte im anderen EU-Staat nicht mehr vorgetragen oder anderweitig verrechnet werden können.
Weil in der EU Vorschriften zum Verlustansatz mit der Grundfreiheit der Niederlassungsfreiheit kollidieren können, gab und gibt es für das Unternehmen Hoffnung, doch nicht endgültig auf dem Verlust im Ausland sitzen zu bleiben. Die allgemeine Frage lautet: Müssen die EU-Mitgliedstaaten einen grenzüberschreitenden Verlustabzug grds. zulassen?

Dogmatik und Grundsätze
Die Frage, ob Verluste, die ein Unternehmen in einer Betriebsstätte im EU-Ausland erleidet, im Inland noch genutzt werden können, reicht weit zurück. Die Kasuistik ist in erster Linie durch den EuGH geprägt worden. Es besteht eine ganze Reihe von Leading Cases, von denen jeder Berater gehört hat („Marks & Spencer“, „Lidl Belgium“, „Seniorensitz am Wannsee“, „Nordea Bank“ und „Timac Agro“).
Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Timac Agro“ (2015) lautete die Antwort auf die zentrale Frage nach Ansicht der meisten Experten „Nein“. Zumal der Fall auch einen deutschen Sachverhalt betraf, war die allgemeine Lesart: Deutschland muss eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung grundsätzlich nicht zulassen. In vielen praktisch relevanten Fällen schien das Thema „finale Verluste“ damit erledigt zu sein. Der BFH entschied noch im Februar 2017, dass weitere Vorlagen an den EuGH zu diesem Thema nicht geboten wären, weil dessen Ansicht klar und also nicht mehr klärungsbedürftig sei.

Die aktuelle Entscheidung
Das Urteil des EuGH v. 12.6.2018 - Rs. C-650/16 „Bevola und Jens W. Trock“ hat dem endgültigen Verlustabzug neues Leben eingehaucht. Die „finalen Verluste“ sind wieder im Spiel, hier konkret entschieden für den Fall einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Dänemark und deren finnische Verlustbetriebsstätte. Während viele Stimmen die EuGH-Entscheidung als „Rolle rückwärts“ und unausgesprochene Rechtsprechungsänderung sehen, betonen andere, dass der EuGH seiner Linie im Grunde treu geblieben ist und nun weitere Klärung gebracht hat.
Der EuGH lässt den „finalen“ Verlustabzug im Sitzstaat des Unternehmens weiterhin zu, vorausgesetzt, das Unternehmen hat wirklich alle Möglichkeiten im Betriebsstättenstaat ausgeschöpft, um die Verluste im Quellenstaat zu nutzen, und aus der fraglichen Betriebsstätte kann definitiv kein Einkommen (für eine spätere Verlustverrechnung) mehr generiert werden. Es wird sogar vertreten, der EuGH räume im Verlustfinalitätsfall einem „unionalen steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzip“ Vorrang vor dem Territorialitätsprinzip und den fiskalischen Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten ein.

Fazit
Also: Im EU-Ausland erlittene Betriebsstättenverluste müssen nicht verloren sein. Unternehmen und Steuerberater sollten mit dem Finanzamt (oder der Steuerbehörde im anderen EU-Mitgliedstaat) klären, ob ein Abzug im konkreten Fall zulässig ist und welche Nachweise dafür zu erbringen sind. Die Prüfungsschritte und die kritischen Elemente kann er sich anlesen.

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NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht

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