Die Prüfung des aktienrechtlichen Vergütungsberichts – Gesetzliche Vorgaben und ihre Konkretisierung mit Berücksichtigung des IDW EPS 870

Basierend auf neuen europarechtlichen Vorgaben wurde der Vergütungsbericht börsennotierter Gesellschaften rechtssystematisch neu ausgerichtet und in vielen Einzelaspekten anders als bisher normiert. Das betrifft u. a. auch seine Inhalte und ihre Prüfung. Obwohl die Prüfung des Vergütungsberichts nur noch in formeller, nicht aber auch in materieller Hinsicht gesetzlich verlangt wird, ergeben sich dazu zahlreiche Zweifelsfragen, vor allem zum Prüfungsvorgehen und zur verlangten Berichterstattung des Vergütungsberichtsprüfers darüber in einem gesonderten Vermerk. Zweifelsfragen zu diesen Aspekten der Prüfung des Vergütungsberichts widmet sich dieser Beitrag. Zu ihrer Beantwortung werden zu Beginn die gesetzlichen Anforderungen an die Prüfung des Vergütungsberichts und ihre Konkretisierung durch die Gesetzesverfasser skizziert. Darauf folgend werden weitergehende Konkretisierungen zum Prüfungsvorgehen und zum Vermerk über die Prüfung aus dem IDW EPS 870 „Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG“ vorgestellt und anschließend mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen sowie die allgemeinen Grundsätze für Prüfungsvermerke beurteilt.

Philipps, Handbuch zum Vergütungsbericht, 2021, NWB NAAAH-73694

 

Kernaussagen
  • Zur Prüfung des aktienrechtlichen Vergütungsberichts der börsennotierten Gesellschaft sind die in § 162 Abs. 3 AktG normierten gesetzlichen Vorgaben bisher nicht ausreichend konkretisiert. IDW EPS 870 schließt diese Lücke, schlägt dazu aber zum Prüfungsvorgehen und zum Prüfungsvermerk Regelungen vor, die mit Blick auf die Gesetzeszusammenhänge und die Überlegungen der Gesetzesverfasser (noch) nicht vollends überzeugen.

  • In seinen Konkretisierungen zum Prüfungsvorgehen sollte explizit die Rolle des gesellschaftsindividuellen Vergütungssystems für den Vorstand berücksichtigt werden. Zum einen als Beurteilungsmaßstab und zum anderen als Auslöser für eine formelle Konsistenzprüfung der Angaben innerhalb des Vergütungsberichts bei dessen abweichender Umsetzung. Des Weiteren sollten die Überlegungen zur Wesentlichkeitsgrenze bei der Beurteilung der Relevanz einer oder mehrerer fehlender Angabe(n) im Vergütungsbericht überdacht werden, insbesondere, weil die Gesetzesverfasser eine solche nicht vorsehen.

  • Im Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts sollte den hier konkretisierend erläuterten gesetzlichen Anforderungen – insbesondere mit Berücksichtigung der Rolle des Vergütungssystems für den Vorstand der börsennotierten Gesellschaft sowie einer von den Gesetzesverfassern nicht angenommenen Wesentlichkeitsgrenze – stärker Rechnung getragen werden. Dazu wird hier ein alternativer Formulierungsvorschlag für den Vermerk vorgestellt.

I. Bedeutung und Aktualität des Themas

In der jüngeren Vergangenheit wurden die Betriebswirtschaftslehre im Allgemeinen und die (handelsrechtliche) Unternehmensberichterstattung im Besonderen zunehmend durch Nachhaltigkeitsaspekte und Corporate-Governance-Themen beeinflusst. So ist etwa die Vergütung von Vorstandsmitgliedern bereits seit längerem Gegenstand kontroverser Diskussionen im Schrifttum und in der Öffentlichkeit.1 Dabei steht nicht nur die Höhe der Vorstandsvergütung im Fokus, sondern auch deren Struktur. Spätestens die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 hat deutlich gemacht, dass variable Bestandteile für die Vorstandsvergütung stärker auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein sollten. Darüber hinaus sollten die Aktionäre bei der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung stärker Einfluss nehmen können.2 Bereits seit dem Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz (VorstOG) aus dem Jahr 20053 sind bestimmte börsennotierte Gesellschaften grundsätzlich dazu verpflichtet, die Bezüge von Vorstandsmitgliedern im (Konzern-)Anhang individualisiert offenzulegen.4

Mit dem Ziel der weiteren „Verbesserung der Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften“ sowie der „Erleichterung der grenzüberschreitenden Information und Ausübung von Aktionärsrechten“5 hat der EU-Gesetzgeber am  die sog. zweite Aktionärsrechterichtlinie 2017/828 (2. ARRL)6 veröffentlicht. Damit entwickelte der EU-Gesetzgeber seine Richtlinie 2007/36/EG7 weiter und setzte so den damit bereits eingeschlagenen Weg zur Verbesserung der Aktionärsinformation bei börsennotierten Gesellschaften und Erleichterung der grenzüberschreitenden Ausübung von Aktionärsrechten fort.

Transformiert in deutsches Recht wurde die 2. ARRL mit dem „Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)“8. Nach Billigung vom Bundesrat am  und Verkündung im Bundesgesetzblatt am  traten die Regelungen des ARUG II am  in Kraft.

Zentrale Regelungsinhalte des ARUG II betreffen u. a. neue Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand („say-on-pay“). Das berührt auch die Unternehmensberichterstattung, denn vor diesem Hintergrund führt das ARUG II mit § 162 AktG einen Vergütungsbericht neu in die aktienrechtlichen Vorschriften ein, formuliert dafür dem deutschen Recht bisher unbekannte Informationspflichten und -anforderungen und hebt gleichzeitig die bisherige handelsrechtliche Vergütungsberichterstattung als Teil des Lage- bzw. Konzernlageberichts sowie die Anforderungen zur individualisierten Angabe der Vorstandsbezüge im Anhang bzw. Konzernanhang auf.

Mit der Umsetzung dieser konzeptionellen und inhaltlichen Neugestaltung des Vergütungsberichts sind zahlreiche Fragen verbunden, u. a.: Welche börsennotierten Gesellschaften müssen den Vergütungsbericht aufstellen? Wer ist dafür in der Gesellschaft verantwortlich? Auf welcher Grundlage und zu welchem Zweck wird der Vergütungsbericht erstellt? Welche Inhalte sind im Vergütungsbericht neu? Welche Inhalte sind verändert? Welche Inhalte fallen weg? Wie sind neue Inhalte und Anforderungen zu verstehen? Welche Aspekte sind dabei zu beachten? Wie lassen sich die neuen Inhalte umsetzen? Wird der Vergütungsbericht wie bisher durch einen Abschlussprüfer geprüft? Wie läuft nun der Weg des Vergütungsberichts durch die Hauptversammlung? Was ist bei der Veröffentlichung des Vergütungsberichts zu beachten? Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung der Anforderungen zum aktienrechtlichen Vergütungsbericht?9

Aus diesem vielfältigen Strauß greift der Beitrag Fragen zur Prüfung des nun aktienrechtlichen Vergütungsberichts auf. Dabei werden zu Beginn die gesetzlichen Anforderungen an seine Prüfung und ihre Konkretisierung durch die Gesetzesverfasser skizziert (Abschnitt II). Darauf folgend werden weitergehende Konkretisierungen vor allem zum Prüfungsvorgehen und zum Vermerk über die Prüfung aus dem IDW EPS 870 „Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG10 vorgestellt (Abschnitt III) und anschließend mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen sowie allgemeinen Grundsätze für Prüfungsvermerke beurteilt (Abschnitt IV).

II. Gesetzliche Vorgaben für die Prüfung des aktienrechtlichen Vergütungsberichts

1. Gesetzliche Anforderungen

Für die Prüfung des Vergütungsberichts der börsennotierten Gesellschaft werden die Anforderungen gesetzlich abschließend in § 162 Abs. 3 AktG wie folgt normiert:

„Der Vergütungsbericht ist durch den Abschlussprüfer zu prüfen. Er hat zu prüfen, ob die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 gemacht wurden. Er hat einen Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts zu erstellen. Dieser ist dem Vergütungsbericht beizufügen. § 323 des Handelsgesetzbuchs gilt entsprechend.“


Wie aus diesem Wortlaut ersichtlich, erstrecken sich die gesetzlich formulierten Anforderungen für die Prüfung des aktienrechtlichen Vergütungsberichts auf folgende Aspekte:

  • Person des Prüfers,

  • Gegenstand und Umfang der Prüfung,

  • Berichterstattung über die Prüfung und ihre Verwendung sowie

  • Haftung des Prüfers.

Die Vorschrift des § 162 Abs. 3 AktG wurde durch das ARUG II neu in das AktG eingefügt. Sie basiert auf Art. 9b Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der 2. ARRL. Vorgaben werden darin nur für die Prüfungspflicht, die Person des Prüfers und den Prüfungsumfang gemacht, formuliert wie folgt:

„Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft überprüft, ob die nach diesem Artikel erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt wurden.“


Diese europarechtlichen Vorgaben hat der deutsche Gesetzgeber inhaltlich identisch gewollt, aber mit abweichendem Wortlaut in § 162 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AktG umgesetzt. Den Regelungen in den Sätzen 3 bis 5 des § 162 Abs. 3 AktG liegen keine Vorgaben des EU-Gesetzgebers zugrunde.

Zum Verständnis der Vorgaben in § 162 Abs. 3 AktG zur Prüfung des Vergütungsberichts ist weiterhin ihr Zusammenhang mit den Regelungen der darin bereits genannten Abs. 1 und Abs. 2 des § 162 AktG sowie auch des § 87a Abs. 1 AktG von Bedeutung. Ihr Wortlaut ist – in Auszügen – wie folgt formuliert (Hervorhebungen durch Unterstreichungen wurden hier vom Verfasser eingefügt):

„Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft erstellen jährlich einen klaren und verständlichen Bericht über die im letzten Geschäftsjahr jedem einzelnen gegenwärtigen oder früheren Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats von der Gesellschaft und von Unternehmen desselben Konzerns (§ 290 des Handelsgesetzbuchs ) gewährte und geschuldete Vergütung. Der Vergütungsbericht hat unter Namensnennung der in Satz 1 genannten Personen die folgenden Angaben zu enthalten, soweit sie inhaltlich tatsächlich vorliegen: [...]“ (§ 162 Abs. 1 AktG)

„Hinsichtlich der Vergütung jedes einzelnen Mitglieds des Vorstands hat der Vergütungsbericht ferner Angaben zu solchen Leistungen zu enthalten, die [...]“ ( § 162 Abs. 2 AktG)

„Der Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft beschließt ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder. Dieses Vergütungssystem enthält mindestens die folgenden Angaben, in Bezug auf Vergütungsbestandteile jedoch nur, soweit diese tatsächlich vorgesehen sind: [...]“ (§ 87a Abs. 1 AktG) und

„Der Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft hat die Vergütung der Vorstandsmitglieder in Übereinstimmung mit einem der Hauptversammlung nach § 120a Absatz 1 zur Billigung vorgelegten Vergütungssystem festzusetzen. Der Aufsichtsrat kann vorübergehend von dem Vergütungssystem abweichen, wenn dies im Interesse des langfristigen Wohlergehens der Gesellschaft notwendig ist und das Vergütungssystem das Verfahren des Abweichens sowie die Bestandteile des Vergütungssystems, von denen abgewichen werden kann, benennt“ (§ 87a Abs. 2 AktG).


§ 162 AktG
 in der zitierten und so ab dem  geltenden Fassung ist erstmals für das nach dem  beginnende Geschäftsjahr anzuwenden (§ 26j Abs. 2 Satz 1 EGAktG ), bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr also für Vergütungsberichte mit Bezug auf Geschäftsjahre vom 1.1. bis zum 31.12. 2021.

Mit Blick auf den Prüfungsumfang ergibt sich aus diesem Zusammenhang, dass der Vergütungsbericht vom Abschlussprüfer daraufhin geprüft werden muss, ob darin die für die jeweilige börsennotierte Gesellschaft erforderlichen Angaben enthalten sind.11 Maßstab dafür bilden nicht alle Angaben gemäß der katalogmäßigen Aufzählung in § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG, sondern bei Vergütungsbestandteilen die Festlegungen dazu in den beschlossenen Vergütungssystemen . Soweit diese tatsächlich angewendet werden, dürfen im Vergütungsbericht nur solche Vergütungsangaben unterbleiben, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen ( § 162 Abs. 6 Satz 1 AktG). Wird vom Vergütungssystem abgewichen, sind dazu Angaben nach § 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AktG in den Vergütungsbericht aufzunehmen.

Dieser Zusammenhang trägt der Aufgabe des Vergütungsberichts zutreffend Rechnung. Seine Informationen machen die konkrete Umsetzung der Vergütungssysteme für börsennotierte Gesellschaften (nach § 87a AktG für den Vorstand sowie § 113 Abs. 3 AktG für den Aufsichtsrat) ihren Aktionären ex post transparent.12

2. Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen durch die Gesetzesverfasser

Weitere Konkretisierungen zu den vorgenannten Anforderungen an die Prüfung des Vergütungsberichts werden von den Gesetzesverfassern in ihrer Begründung des § 162 Abs. 3 AktG gegeben. Darin verweisen sie auf die Umsetzung des Art. 9b Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der 2. ARRL, auf die rechtssystematisch konsequente Aufnahme der Vorschrift in das AktG und die Haftungsanalogie zur Abschlussprüfung. Ergänzend dazu gehen sie noch etwas näher auf den Prüfungsumfang und den Prüfungsvermerk zum Vergütungsbericht ein.

Zum Prüfungsumfang betonen die Gesetzesverfasser die Pflicht zur „lediglich formellen“ Prüfung der Angaben im Vergütungsbericht und schließen ihre materielle bzw. inhaltliche Prüfung auch mit Hinweis auf den „in § 317 Absatz 2 Satz 6 HGB bereits für Teile der handelsrechtlichen Publizitätsvorschriften reduzierten Prüfungsumfang“ als Vorbild für § 162 Abs. 2 Satz 2 AktG explizit aus.13

Diese grundlegende Neuerung der nur noch formellen Prüfung des Vergütungsberichts hat nur vereinzelt Zustimmung14 (primär vonseiten der erstellenden Unternehmen), ganz überwiegend aber deutliche Kritik (aus der Prüfungspraxis sowie vonseiten der Wissenschaft) erfahren. Als Argumente dagegen wurden insbesondere die geringe Prüfungssicherheit, die Minderung der Glaubwürdigkeit bzw. Verlässlichkeit der Angaben sowie das ggf. fehlende Bewusstsein der Adressaten über den Prüfungsumfang und die damit bestehende Gefahr einer Vergrößerung der Erwartungslücke genannt. Darauf wird hier nicht eingegangen, sondern auf das Schrifttum dazu verwiesen.15

Der Vermerk des Vergütungsberichtsprüfers soll den Gesetzesverfassern zufolge über die formelle Prüfung der Angaben im Vergütungsbericht informieren und eine Verwechslung mit dem Prüfungsbericht zur Abschlussprüfung nach handelsrechtlichen Vorschriften verhindern. „Als Inhalt des Vermerks ist lediglich festzustellen, ob die Formalien eingehalten wurden und, falls nicht, gegen welche Formalien verstoßen wurde.“16

Zum Prüfungsvorgehen im Rahmen der nunmehr nur formellen Prüfung des Vergütungsberichts sowie zu Inhalt und Gestaltung des Vermerks über die Prüfung des Vergütungsberichts im Einzelnen geben die Gesetzesverfasser aus ihrer Sicht keine weiteren Konkretisierungen. Dafür sowie auch zu weiteren Aspekten lassen sich die Erläuterungen im IDW EPS 870 heranziehen. Darauf wird im folgenden Abschnitt eingegangen.

III. Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen durch IDW EPS 870

1. Regelungsinhalte im Überblick

Mit IDW EPS 870 in der innerhalb des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer sowie mit anderen betroffenen und interessierten Kreisen abgestimmten, finalen Standardfassung will das IDW die Berufsauffassung darlegen, „nach der Wirtschaftsprüfer unbeschadet ihrer Eigenverantwortlichkeit die Prüfung von Vergütungsberichten nach § 162 Abs. 3 AktG durchführen“ (Tz. 1).

Dazu beschreibt der Standardentwurf zunächst den Anwendungsbereich seiner Regelungen, ihre gesetzlichen Grundlagen und ihren Anwendungszeitpunkt sowie die Zielsetzung des Vergütungsberichtsprüfers und die Definition wichtiger verwendeter Begriffe, z. B. „formelle Vollständigkeit des Vergütungsberichts“ (Tz. 1 - 14h). Die Zielsetzung eines Vergütungsberichtsprüfers beschreibt der Standardentwurf mit „ein Prüfungsurteil darüber zu bilden, ob im Vergütungsbericht in allen wesentlichen Belangen die Angaben nach § 162 Abs. 1 und 2 AktG gemacht worden sind, und einen Vermerk über die Prüfung zu erteilen“ (Tz. 13).

Darauf folgend erläutert der Standardentwurf Aspekte der Auftragsannahme (Tz. 15 - A15.4), weist auf die Beachtung der Berufspflichten hin (Tz. 16) und konkretisiert die Planung und Durchführung der Prüfung (Tz. 17 - A22), den Umgang mit tatsächlichen und vermuteten irreführenden Darstellungen (Tz. 23 - A27.2), Aspekte der Dokumentation (Tz. 28 - 29), die Einholung der Vollständigkeitserklärung (Tz. 30 - 33) sowie ausführlich auch die Bildung des Prüfungsurteils und Erteilung des Vermerks über die Prüfung des Vergütungsberichts (Tz. 34 - 46), einschließlich Beispiel für einen solchen Vermerk in der Anlage.

2. Konkretisierungen zum Prüfungsvorgehen

Konkretisierungen zum Vorgehen des Abschlussprüfers bei der Prüfung des aktienrechtlichen Vergütungsberichts der börsennotierten Gesellschaft sind in IDW EPS 870 vor allem im Abschnitt „Durchführung der Prüfung“ enthalten. Darin heißt es dazu wie folgt:

„Bei der Durchführung der Prüfung hat der Prüfer den Vergütungsbericht unter Berücksichtigung der Kenntnisse aus der Abschlussprüfung zu lesen und die Angaben im Vergütungsbericht mit den Angaben i. S. von Tz. 14 Buchst. c zu vergleichen, um festzustellen, ob alle geforderten Angaben im Vergütungsbericht gemacht wurden. Dabei hat er nicht zu prüfen, ob diese Angaben inhaltlich richtig sind, die einzelnen Angaben inhaltlich vollständig sind oder ob der Vergütungsbericht angemessen dargestellt wurde.

Der Prüfer hat nicht zu prüfen, ob der Vergütungsbericht personenbezogene Daten nach § 162 Abs. 5 AktG enthält“ (IDW EPS 870, Tz. 18 f.).


In der angeführten Tz. 14 Buchst. c ist der Begriff „formelle Vollständigkeit des Vergütungsberichts“ definiert. Danach ist der Vergütungsbericht formell vollständig , wenn darin „die in § 162 Abs. 1 Satz 1 und 2 (einschließlich der in Nr. 1 bis Nr. 7) AktG sowie die in § 162 Abs. 2 (einschließlich der in Nr. 1 bis Nr. 4) AktG geforderten Angaben, soweit nicht zulässigerweise von der Möglichkeit nach § 162 Abs. 6 Satz 1 AktG Gebrauch gemacht wird“, enthalten sind.

Gelangt der Prüfer des Vergütungsberichts aufgrund seines oben beschriebenen Vorgehens zu dem Schluss, dass eine oder mehrere der in § 162 Abs. 1 und 2 AktG genannte Angabe(n) im Vergütungsbericht nicht enthalten ist bzw. sind,

„hat er mittels Befragung des Vorstands und des Aufsichtsrats zu klären, ob die Angabe(n) fehlt bzw. fehlen. Dabei hat er zu würdigen, ob die Gesellschaft zulässigerweise von der Möglichkeit nach § 162 Abs. 6 Satz 1 AktG Gebrauch gemacht hat. Stellt der Prüfer nach dieser Befragung bzw. Würdigung fest, dass eine oder mehrere Angabe(n) fehlt bzw. fehlen, hat er den Vorstand und den Aufsichtsrat aufzufordern, den Vergütungsbericht um die fehlende(n) Angabe(n) zu ergänzen.

Verweigern der Vorstand und der Aufsichtsrat eine entsprechende Ergänzung des Vergütungsberichts, hat der Prüfer zu würdigen, ob die fehlende(n) Angabe(n) wesentlich ist bzw. sind.

Da die Angaben im Vergütungsbericht anderen Einblickszielen dienen als der Gewährung eines Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft, hat der Prüfer des Vergütungsberichts Angaben i. S. von Tz. 14 Buchst. c, die fehlen, i. d. R. als wesentlich zu würdigen, sofern es sich nicht um Angaben handelt, die zweifelsfrei unbeachtlich sind“ (IDW EPS 870 Tz. 20 - 22).


Ist und bleibt der Vergütungsbericht nach der Beurteilung seines Prüfers formell unvollständig, soll dies also sein Urteil im Prüfungsvermerk beeinflussen, ausgenommen, die fehlende(n) Angabe(n) sind „zweifelsfrei unbeachtlich“. Wie die so in den Regelungen des IDW EPS 870 formulierte Wesentlichkeitsgrenze auszulegen ist, wird darin in Tz. A22 abstrakt beschrieben, ohne Nennung eines konkreten Beispiels.

Überdies sieht IDW EPS 870 vor:

„Beim Lesen des Vergütungsberichts hat der Prüfer für Anzeichen aufmerksam zu bleiben, ob der Vergütungsbericht irreführende Darstellungen in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben, die inhaltliche Vollständigkeit der einzelnen Angaben (materielle Vollständigkeit) und die angemessene Darstellung des Vergütungsberichts enthält“ (IDW EPS 870, Tz. 23).

Dadurch wird vor allem eine mit Blick auf § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB sinnvolle Verbindung zur dazu ggf. erforderlichen Berichterstattung im Rahmen der Abschlussprüfung hergestellt.

3. Konkretisierungen zum Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts

Als Inhalte für den Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts nennt IDW EPS 870 in Form einer katalogartigen Aufzählung bestimmte Bestandteile als Mindestinhalte (IDW EPS 870, Tz. 43). Für die Aufnahme dieser Bestandteile in einen solchen Vermerk hat das IDW einen Musterformulierungsvorschlag im Entwurf erarbeitet. Diesem Formulierungsentwurf liegen die folgenden Annahmen zugrunde:17

  • Der jeweilige Wirtschaftsprüfer wurde in seiner Eigenschaft als Abschlussprüfer des Jahresabschlusses und Lageberichts der börsennotierten Gesellschaft zur Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG beauftragt.

  • Der Vergütungsbericht wurde vom Vorstand und vom Aufsichtsrat einer börsennotieren Gesellschaft in der Rechtsform der AG aufgestellt.

  • Der Prüfer des Vergütungsberichts ist zu dem Schluss gekommen, dass ein nicht modifiziertes Prüfungsurteil angemessen ist und hat auch keine irreführende Darstellung des Vergütungsberichts identifiziert.

Unter diesen Annahmen schlägt das IDW für den Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts folgende Formulierung vor:18

„Vermerk des unabhängigen Wirtschaftsprüfers über die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG

An die … [ Gesellschaft]

Prüfungsurteil

Wir haben den Vergütungsbericht der … [ Gesellschaft] für das Geschäftsjahr vom … [ Datum] bis zum … [ Datum] daraufhin formell geprüft, ob die Angaben nach § 162 Abs. 1 und 2 AktG im Vergütungsbericht gemacht wurden. In Einklang mit § 162 Abs. 3 AktG haben wir den Vergütungsbericht nicht inhaltlich geprüft.

Nach unserer Beurteilung sind im beigefügten Vergütungsbericht in allen wesentlichen Belangen die Angaben nach § 162 Abs. 1 und 2 AktG gemacht worden. Unser Prüfungsurteil erstreckt sich nicht auf den Inhalt des Vergütungsberichts.

Grundlage für das Prüfungsurteil

Wir haben unsere Prüfung des Vergütungsberichts in Übereinstimmung mit § 162 Abs. 3 AktG unter Beachtung des Entwurfs eines IDW Prüfungsstandards: Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG (IDW EPS 870) durchgeführt. Unsere Verantwortung nach dieser Vorschrift und diesem Standard ist im Abschnitt „Verantwortung des Wirtschaftsprüfers“ unseres Vermerks weitergehend beschrieben. Wir haben als Wirtschaftsprüferpraxis die Anforderungen des IDW Qualitätssicherungsstandards: Anforderungen an die Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis (IDW QS 1) angewendet. Die Berufspflichten gemäß der Wirtschaftsprüferordnung und der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer / vereidigte Buchprüfer einschließlich der Anforderungen an die Unabhängigkeit haben wir eingehalten.

Verantwortung des Vorstands und des Aufsichtsrats

Der Vorstand und der Aufsichtsrat sind verantwortlich für die Aufstellung des Vergütungsberichts, einschließlich der dazugehörigen Angaben, der den Anforderungen des § 162 AktG entspricht. Ferner sind sie verantwortlich für die internen Kontrollen, die sie als notwendig erachten, um die Aufstellung eines Vergütungsberichts, einschließlich der dazugehörigen Angaben, zu ermöglichen, der frei von wesentlichen – beabsichtigten oder unbeabsichtigten – falschen Darstellungen ist.

Verantwortung des Wirtschaftsprüfers

Unsere Zielsetzung ist, hinreichende Sicherheit darüber zu erlangen, ob im Vergütungsbericht in allen wesentlichen Belangen die Angaben nach § 162 Abs. 1 und 2 AktG gemacht worden sind, und hierüber ein Prüfungsurteil in einem Vermerk abzugeben.

Wir haben unsere Prüfung so geplant und durchgeführt, dass wir durch einen Vergleich der im Vergütungsbericht gemachten Angaben mit den in § 162 Abs. 1 und 2 AktG geforderten Angaben die formelle Vollständigkeit des Vergütungsberichts feststellen können. In Einklang mit § 162 Abs. 3 AktG haben wir die inhaltliche Richtigkeit der Angaben, die inhaltliche Vollständigkeit der einzelnen Angaben oder die angemessene Darstellung des Vergütungsberichts nicht geprüft.

Der nachfolgende Abschnitt des Vermerks ist nur einschlägig, wenn der Wirtschaftsprüfer von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden ist:}

Umgang mit etwaigen irreführenden Darstellungen

Im Zusammenhang mit unserer Prüfung haben wir die Verantwortung, den Vergütungsbericht unter Berücksichtigung der Kenntnisse aus der Abschlussprüfung zu lesen und dabei für Anzeichen aufmerksam zu bleiben, ob der Vergütungsbericht irreführende Darstellungen in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben, die inhaltliche Vollständigkeit der einzelnen Angaben oder die angemessene Darstellung des Vergütungsberichts enthält.

Falls wir auf Grundlage der von uns durchgeführten Arbeiten zu dem Schluss gelangen, dass eine solche irreführende Darstellung vorliegt, sind wir verpflichtet, über diese Tatsache zu berichten.

Wir haben in diesem Zusammenhang nichts zu berichten.

Ort der Niederlassung]

Datum]

Unterschrift]

Wirtschaftsprüfer“

IV. Beurteilung der Konkretisierungen in IDW EPS 870

1. Beurteilung der Konkretisierungen zum Prüfungsvorgehen

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist der Vergütungsbericht (nur noch) daraufhin zu prüfen, ob die nach § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG erforderlichen „Angaben [...] gemacht wurden“ respektive, „ob die nach den gesetzlichen Vorgaben im Vergütungsbericht zur Verfügung zu stellenden Informationen auch tatsächlich zur Verfügung gestellt wurden“19; dazu wird auf Abschnitt II.1 verwiesen.

Bei dieser nur formellen Prüfung des Vergütungsberichts20 ist zu berücksichtigen, dass nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG die dort verlangten Angaben in den Vergütungsbericht nur aufzunehmen sind, „soweit sie inhaltlich tatsächlich vorliegen“ bzw. soweit solche Leistungen zugesagt (oder gewährt) worden sind. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn

  • die jeweiligen Vergütungsbestandteile in den beschlossenen Vergütungssystemen für den Vorstand (bzw. für den Aufsichtsrat) der börsennotierten Gesellschaft vorgesehen sind und

  • diese Vergütungssysteme wie vorgesehen angewendet werden; soweit vom Vergütungssystem für den Vorstand abgewichen wurde, sind darüber im Vergütungsbericht Angaben nach § 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AktG zu machen.

Im Übrigen dürfen Angaben im Vergütungsbericht nur unter den Voraussetzungen des § 162 Abs. 6 Satz 1 AktG zum Schutz der börsennotierten Gesellschaft unterlassen werden.

Die gesetzlich gewollte formelle Prüfung wird sich deswegen nicht allein auf – wie es nach IDW EPS 870 den Anschein hat – eine einfache „katalogartige“ Abstimmung der Angaben im Vergütungsbericht mit den Gesetzesinhalten beschränken können. Vielmehr muss der Abschlussprüfer dazu auch das gesellschaftsindividuelle Vergütungssystem für den Vorstand nach § 87a Abs. 1 AktG sowie eventuelle Abweichungen des Aufsichtsrats davon nach § 87a Abs. 2 AktG als Maßstab mit berücksichtigen.21

Das lässt sich aus IDW EPS 870 so nicht herauslesen. Kenntnisse über dieses Vergütungssystem werden zwar für die Prüfung der Bezügeangabe nach § 285 Nr. 9 a) HGB benötigt und gehören daher zu den Kenntnissen aus der Abschlussprüfung. Um das aber klarzustellen, ist eine explizite Nennung des Vergütungssystems für den Vorstand der börsennotieren Gesellschaft als Vergleichsmaßstab für die Prüfung der Angaben im Vergütungsbericht sachgerecht.

Stellt der Prüfer des Vergütungsberichts anhand beider Vergleichsmaßstäbe zusammen fest, dass eine oder mehrere Angabe(n) im Vergütungsbericht fehlen , kann das nur noch zwei Ursachen haben:

  • zum einen, die Angabe(n) wurden aufgrund von § 162 Abs. 6 AktG zum Schutz der börsennotierten Gesellschaft unterlassen und/oder

  • zum anderen, die Angabe(n) fehlt/fehlen pflichtwidrig.

Wieweit Angaben aufgrund von Abweichungen bei der Umsetzung des Vergütungssystems für den Vorstand der börsennotierten Gesellschaft fehlen, lässt sich mit Blick auf die Informationsanforderung nach § 162 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AktG durch eine formelle Konsistenzprüfung innerhalb der Angaben des Vergütungsberichts ermitteln.

Die nach IDW EPS 870 vorgesehenen Befragungen des Vorstands und des Aufsichtsrats der börsennotierten Gesellschaft, um eine/mehrere fehlende Angabe(n) zu klären, liefern dann nur für Nichtangaben aus Schutzgründen oder pflichtwidrig ergänzende, im Übrigen erhärtende bzw. bestätigende Erkenntnisse.

Wird/Werden aufgrund dieser Vorgehensweise vom Prüfer des Vergütungsberichts eine oder mehrere fehlende Angabe(n) festgestellt, sehen die Gesetzesverfasser keine Wesentlichkeitsgrenze vor. Nach ihren Überlegungen ist jede pflichtwidrige formelle Nichtangabe ein für die Adressaten des Vergütungsberichts relevanter Gesetzesverstoß: „Als Inhalt des Vermerks ist lediglich festzustellen, ob die Formalien eingehalten wurden und, falls nicht, gegen welche Formalien verstoßen wurde“22; dazu wird auch auf Abschnitt II.2 verwiesen.

Welche pflichtwidrig formelle Nichtangabe soll angesichts dessen „zweifelsfrei unbeachtlich“ sein? Erläuternde Beispiele dazu wären hilfreich, sind aber kaum vorstellbar.

2. Beurteilung der Konkretisierungen zum Prüfungsvermerk

Über die Prüfung des Vergütungsberichts hat der Abschlussprüfer einen „Vermerk“ zu erstellen. Der Vermerk ist dem Vergütungsbericht beizufügen ( § 162 Abs. 3 Satz 4 AktG ) und mit dem Vergütungsbericht auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen ( § 162 Abs. 4 AktG).

Dieser Vermerk ist damit (nun) ein gesonderter Prüfungsvermerk, der neben den Bestätigungsvermerk und auch neben den Prüfungsbericht tritt; um Verwechselungen auszuschließen, darf dieser Prüfungsvermerk nicht als „Bestätigungsvermerk“ ( § 322 HGB ) bezeichnet werden. Damit wird die Prüfung des Vergütungsberichts nicht (weiter) in die Berichterstattung des Abschlussprüfers im Bestätigungsvermerk und im Prüfungsbericht über die Abschlussprüfung nach § 316 Abs. 1 HGB einer börsennotierten Gesellschaft einbezogen. Das folgt aus der gesetzlichen Konzeption, den Vergütungsbericht und seine Prüfung sachlich von der prüfungspflichtigen Rechnungslegung und deren Abschlussprüfung zu trennen.

Nach Auffassung des Gesetzgebers23 soll der Abschlussprüfer die Adressaten in seinem Vermerk

  • über die nur formelle Prüfung des Vergütungsberichts informieren und

  • zugleich eine Verwechselung mit seiner bei (auch) materieller Prüfung ergehenden Berichterstattung nach handelsrechtlichen Vorschriften verhindern sowie

  • inhaltlich lediglich feststellen, ob die Formalien eingehalten wurden und sofern das nicht der Fall ist, gegen welche Formalien verstoßen wurde.

In dem gesonderten Vermerk wird der Abschlussprüfer zum einen also den Umfang seiner Prüfung des Vergütungsberichts deutlich machen müssen. Andernfalls droht auch die Gefahr der Entstehung einer Erwartungslücke. Denn es erscheint zweifelhaft, dass den Adressaten des Vergütungsberichts die gesetzliche Beschränkung seiner Prüfung rein auf Vollständigkeit aber nicht auch auf materielle Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben bewusst ist.24

Zum anderen wird der Abschlussprüfer im Vermerk auch das Ergebnis seiner Prüfung des Vergütungsberichts zum Ausdruck bringen müssen. Im Vergleich zu anderen Vorschriften (z. B. §§ 313 Abs. 2 und Abs. 4 AktG) wird das nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 3 AktG nicht ausdrücklich verlangt, ist aber üblich und darf von den Adressaten daher auch erwartet werden. Daher ist es wie in IDW EPS 870 vorgeschlagen folgerichtig, in den Vermerk auch ein Prüfungsergebnis mit aufzunehmen.

Vor dem Hintergrund der hier konkretisierend erläuterten gesetzlichen Anforderungen – insbesondere mit Berücksichtigung der Rolle des Vergütungssystems für den Vorstand der börsennotierten Gesellschaft sowie einer von den Gesetzesverfassern nicht angenommenen Wesentlichkeitsgrenze – ließe sich ein solcher Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts bspw. auch wie folgt formulieren:

Prüfungsvermerk des Abschlussprüfers zum Vergütungsbericht ( § 162 Abs. 3 AktG)

An die Investor-Rendite AG, Börsenhausen

Wir haben den Vergütungsbericht der Investor-Rendite AG, Börsenhausen, für das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 20xx nach Vorgabe des § 162 Abs. 3 Satz 3 AktG geprüft. Das bedingt eine formelle, nicht aber auch eine materiell inhaltliche Prüfung.

Verantwortung des Vorstands und des Aufsichtsrats

Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Investor-Rendite AG sind verantwortlich für die Aufstellung des Vergütungsberichts. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Gesellschaft sind auch verantwortlich für die internen Kontrollen, die sie als notwendig erachten, um die Aufstellung des Vergütungsberichts zu ermöglichen, der alle aktienrechtlich erforderlichen Angaben enthält und frei ist von wesentlichen – beabsichtigten oder unbeabsichtigten – falschen Angaben und die sicherstellen, dass der Vergütungsbericht gemeinsam mit diesem Prüfungsvermerk nach den aktienrechtlichen Vorgaben auf der Internetseite der Gesellschaft kostenfrei öffentlich zugänglich gemacht wird.

Verantwortung des Abschlussprüfers

Unsere Aufgabe ist es nach § 162 Abs. 3 Satz 2 AktG , auf der Grundlage unserer Prüfung unter Berücksichtigung unserer Kenntnisse über das Vergütungssystem der Gesellschaft, festzustellen, ob die Angaben nach § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG im Vergütungsbericht gemacht wurden und über diese Prüfung einen Vermerk zu erstellen.

Die Prüfung des Vergütungsberichts erfordert danach von uns (lediglich) zu prüfen, ob die nach den aktiengesetzlichen Vorgaben im Vergütungsbericht zur Verfügung zu stellenden Informationen darin auch tatsächlich zur Verfügung gestellt sind. Dazu haben wir geprüft, ob in dem noch der Hauptversammlung vorzulegenden und zu veröffentlichenden Vergütungsbericht alle Angaben vorhanden sind, die nach § 162 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. mit §  87a Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 113 Abs. 3 AktG über die Vergütung der Vorstände und der Aufsichtsräte der Gesellschaft gemacht werden müssen.

Ob die in diesem Vergütungsbericht gemachten Angaben auch inhaltlich zutreffend bzw. richtig sind, respektive den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, haben wir in Übereinstimmung mit § 162 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht geprüft.

Wir sind von dem Unternehmen unabhängig in Übereinstimmung mit den deutschen berufsrechtlichen Vorschriften und haben unsere sonstigen deutschen Berufspflichten in Übereinstimmung mit diesen Anforderungen erfüllt.

Prüfungsergebnis

Als Ergebnis dieser Prüfung haben wir festgestellt, dass die Angaben nach § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG im Vergütungsbericht der Investor-Rendite AG, Börsenhausen, für das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 20xx gemacht wurden.

(Ort)

(Datum)

(Unterschrift)

Wirtschaftsprüfer


Sofern vom Abschlussprüfer bei der Prüfung des Vergütungsberichts Verstöße gegen Angaben nach § 162 Abs. 1 und/oder Abs. 2 AktG dem Grunde nach festgestellt werden, würde der Abschnitt zum Prüfungsergebnis z. B. wie folgt formuliert sein können:25

Prüfungsergebnis

Als Ergebnis dieser Prüfung haben wir festgestellt, dass die Angaben nach § 162 Abs. 1 und Abs. 2 AktG mit den folgenden Ausnahmen im Vergütungsbericht gemacht wurden: ...


Ein so formulierter Vermerk ist mit den Grundsätzen für Prüfungsvermerke in anderen Fällen außerhalb der Abschlussprüfung (IDW PS 480 und IDW PS 490) vereinbar.26 Zudem ist er inhaltlich schlanker und für die Adressaten (daher) mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen bei der Prüfung des Vergütungsberichts eventuell auch verständlicher.

Daher wird hier angeregt, zu prüfen, ob ein alternativ so formulierter Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts der Verantwortung der Abschlussprüfer dafür und den Bedürfnissen der Adressanten nicht geeigneter Rechnung trägt, als der Formulierungsvorschlag für den Vermerk in IDW EPS 870. Sofern danach weiter an der darin bisher vorgeschlagenen Formulierung für den Vermerk festgehalten werden soll, erscheint es mit Blick auf die Grundsätze für Prüfungsvermerke in anderen Fällen außerhalb der Abschlussprüfung (IDW PS 480 und IDW PS 490) sinnvoll, die Abweichung davon kurz zu begründen.

V. Fazit und Ausblick

Basierend auf der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (2. ARRL) wurden mit dem am  in Kraft getreten Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) u. a. neue Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand („say-on-pay“) normiert. Eines ihrer Elemente ist der von börsennotierten Gesellschaften aufzustellende, nun aktienrechtliche Vergütungsbericht.27

Seine Informationen machen die konkrete Umsetzung der Vergütungssysteme für börsennotierte Gesellschaften nach § 87a AktG (für den Vorstand) und nach § 113 Abs. 3 AktG (für den Aufsichtsrat) ex post transparent. Das ARUG II

  • führt den Vergütungsbericht mit § 162 AktG neu in die aktienrechtlichen Vorschriften ein,

  • formuliert dafür dem deutschen Recht bisher unbekannte Informationspflichten und -anforderungen und

  • hebt gleichzeitig die bisherige handelsrechtliche Vergütungsberichterstattung als Teil des Lage- bzw. Konzernlageberichts sowie die Anforderungen zur individualisierten Angabe der Vorstandsbezüge im Anhang bzw. Konzernanhang sowie auch die dabei bisher bestehenden Schutzregelungen auf.

Erstmals aufzustellen ist der aktienrechtliche Vergütungsbericht für das nach dem  beginnende Geschäftsjahr.

Neuerungen gibt es nun auch für seine Prüfung zu beachten. Gesetzliche Vorgaben dazu sind in § 162 Abs. 3 AktG formuliert. Sie beziehen sich auf die Person des Prüfers, Gegenstand und Umfang der Prüfung, die Berichterstattung über die Prüfung und ihre Verwendung sowie auf die Haftung des Prüfers.

Prüfer des Vergütungsberichts ist der Abschlussprüfer der börsennotierten Gesellschaft. Der Vergütungsbericht ist durch den Abschlussprüfer zu prüfen und zwar daraufhin, ob die aktienrechtlich erforderlichen Angaben gemacht wurden. Über seine Prüfung des Vergütungsberichts hat der Abschlussprüfer einen gesonderten Vermerk zu erstellen, der dem Vergütungsbericht beizufügen ist. Für die Haftung des Vergütungsberichtsprüfers gilt § 323 HGB entsprechend.

Die so normierte, nur noch formelle Prüfung des Vergütungsberichts mit Berichterstattung des Prüfers in einem gesonderten Vermerk dazu ist in dieser Weise neu – nicht nur für den Vergütungsbericht. Aufgrund dessen ist ein solcher Fall bisher nicht ausreichend konkretisiert, aber konkretisierungsbedürftig. Dazu tragen die Gesetzesverfasser des ARUG II in ihrer Begründung zu § 162 Abs. 3 AktG nicht abschließend bei. IDW EPS 870 schließt diese Lücke, schlägt dazu aber zum Prüfungsvorgehen und zum Prüfungsvermerk Regelungen vor, die mit Blick auf die Gesetzeszusammenhänge und die Überlegungen der Gesetzesverfasser (noch) nicht vollends überzeugen.

So sollte in den Konkretisierungen zum Prüfungsvorgehen explizit darauf hingewiesen werden, dass auch das gesellschaftsindividuelle Vergütungssystem für den Vorstand als Beurteilungsmaßstab mit zu berücksichtigen und bei dessen abweichender Umsetzung eine formelle Konsistenzprüfung der Angaben innerhalb des Vergütungsberichts vorzunehmen ist. Des Weiteren sollten die Überlegungen zur Wesentlichkeitsgrenze bei der Beurteilung der Relevanz einer oder mehrerer fehlender Angabe(n) im Vergütungsbericht überdacht werden. Eine solche sehen die Gesetzesverfasser nach ihren Überlegungen in der Begründung zu § 162 Abs. 3 AktG nicht vor. Zudem ist ein Anwendungsfall dafür auch nicht ersichtlich.

Im Vermerk über die Prüfung des Vergütungsberichts sollte den hier konkretisierend erläuterten gesetzlichen Anforderungen – insbesondere mit Berücksichtigung der Rolle des Vergütungssystems für den Vorstand der börsennotierten Gesellschaft sowie einer von den Gesetzesverfassern nicht angenommenen Wesentlichkeitsgrenze – stärker Rechnung getragen werden. Dazu wurde hier ein alternativer Formulierungsvorschlag für den Vermerk vorgestellt.

Ob und wieweit das IDW diese Änderungsvorschläge aufgreifen wird, bleibt abzuwarten.

NWB Wirtschaftsprüfung | Praxis für Prüfer.

Autor

WP/StB Prof. Dr. Holger Philipps
ist Professor an der Hochschule Koblenz. Lehrgebiete: Wirtschaftliches Prüfungswesen, IFRS Reporting, Unternehmenssteuern. Forschungsschwerpunkt: Finanzberichterstattungspraxis. Repetitor für das Wirtschaftsprüfungsexamen. Autor zahlreicher Fachbücher und -aufsätze zur Rechnungslegung und Abschlussprüfung.

Fundstelle(n):
WP Praxis 6/2021 Seite 183
NWB ZAAAH-78842


1 Vgl. Orth/Oser/Philippsen/Sultana, DB 2019 S. 230.

2Vgl. Velte, DB 2018 S. M28.

3Vgl. Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG), BGBl 2005 I S. 2267-2268.

4Vgl. Bosse, Handbuch Vorstandsvergütung, 2015, S. 30.

5BT-Drucks. 19/9739 S. 1.

6Vgl. Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates v.  zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl EU 2017 Nr. L 132 S. 1-25.

7Vgl. Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v.  über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, in konsolidierter Fassung abrufbar unter https://go.nwb.de/qa0cv.

8Vgl. Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II), BGBl 2019 I S. 2637-2651.

9 Vgl. dazu ausführlich Philipps, Handbuch zum Vergütungsbericht, 2021, NWB NAAAH-73694.

10 Vgl. IDW, Entwurf eines IDW Prüfungsstandards: Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG (IDW EPS 870), Stand: , abrufbar unter https://go.nwb.de/cph8y.

11 Weitere Aspekte des Abschlussprüfers im Zusammenhang mit dem Vergütungsbericht wie die Verbindung zur Erklärung nach § 289f HGB und der Veröffentlichung des Vergütungsberichts im Internet werden hier nicht thematisiert; vgl. dazu Philipps, Handbuch zum Vergütungsbericht, 2021, S. 164-166 und S. 191-197 NWB NAAAH-73694.

12Vgl. auch Wentz, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2019 S. 908.

13Vgl. BT-Drucks. 19/9739 S. 113.

14Vgl. VCI, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 20 sowie Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 39 (beide allerdings ohne Begründung), beide Stellungnahmen abrufbar unter https://go.nwb.de/vbo3i.

15 Vgl. z. B. Orth/Oser/Philippsen/Sultana, DB 2019 S. 234; IDW, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 5 sowie WPK, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 2 f., beide Stellungnahmen abrufbar unter https://go.nwb.de/vbo3i; Velte, StuB 2/2020 S. 58 NWB JAAAH-39376; Dilßner/Needham, IRZ 2020 S. 195.

16Vgl. BT-Drucks. 19/9739 S. 113.

17Vgl. IDW EPS 870, Anlage.

18IDW EPS 870, Anlage.

19BT-Drucks. 19/9739 S. 113, übereinstimmend mit Art. 9b Abs. 5 der 2. ARRL.

20Vgl. BT-Drucks. 19/9739 S. 113.

21So auch IDW, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 5. A. A. nun wohl aber IDW EPS 870, Anm. 18 i. V. mit Anm. A14c und Anm. 20, 23; zum Wortlaut dieser Regelungen wird auf Abschnitt III.2 verwiesen. Hinweise zum maßgebenden Vergütungssystem enthält BT-Drucks. 19/9739 S. 93.

22Vgl. BT-Drucks. 19/9739 S. 113.

23Vgl. BT-Drucks. 19/9739 S. 113; dazu wird auch auf Abschnitt II.2 verwiesen.

24Vgl. z. B. WPK, Stellungnahme zum ARUG II Ref-E, S. 2 f.

25Dazu enthält IDW EPS 870 keinen Formulierungsvorschlag.

26 Vgl. IDW, IDW PrüfungsstandardPrüfung von Abschlüssen, die nach Rechnungslegungsgrundsätzen für einen speziellen Zweck aufgestellt wurden (IDW PS 480), Anlage 2 sowie IDW, IDW PrüfungsstandardPrüfung von Finanzaufstellungen und deren Bestandteilen (IDW PS 490), Anlage 3, in IDW (Hrsg.), Rechnungslegungs- und Prüfungsstandards, Loseblatt.

27 Vgl. dazu ausführlich Philipps, Handbuch zum Vergütungsbericht, 2021 NWB NAAAH-73694.

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