Wichtige Klimaschutzgesetze für Unternehmen, Verbände und Verbraucher

In unserem Interview erläutert Herr Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Rolf Stober, warum Klimaschutz so ein drängendes und dauerhaftes Kernanliegen der Staatengemeinschaft, der Wirtschaft und der Gesellschaft ist.

Lieber Herr Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Rolf Stober, Sie beschäftigen sich bereits lange Zeit eingehend mit dem Klimaschutzrecht. Bitte beschreiben Sie uns Ihren Weg zur Klimaverbundenheit.

Klimaschutz ist ein klassischer Bestandteil des Umweltschutzes, ein Thema, das mich schon lange aus der Unternehmens- und Verbraucherperspektive beschäftigt. Bereits im Jahre 1989 habe ich ein „Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts“ sowie eine ergänzende Textausgabe „Wichtige Umweltgesetze für die Wirtschaft“ veröffentlicht. Doch die Resonanz war damals gering und konzentrierte sich vornehmlich auf immissionsrechtliche Aspekte. Erst der durch Expertengutachten nachgewiesene und für die Bevölkerung real spür- und fühlbare Klimawandel hat ein Umdenken bewirkt und zu parlamentarischen Aktivitäten geführt.

Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Rechtswissenschaft, Betriebe, Verbraucher, Verbände und sonst am Klimaschutz Interessierte zuverlässig und umfassend über das geltende Klimaschutzrecht zu informieren. Damit soll die Basis für Gesetzeskenntnis, Auseinandersetzung, Diskussion und sachgerechte Lösungen gelegt werden.

Welche Änderungen im Klimaschutzrecht in den letzten Jahren schätzen Sie als besonders signifikant ein? Woran machen Sie dies fest?

Ein Meilenstein war die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes. Es ist das Grundgesetz des Klimaschutzes, das für alle Bereiche zentrale Aussagen enthält, mit denen die Beschlüsse der Pariser UN-Klimaschutzkonferenz 2015 umgesetzt werden. Im Mittelpunkt steht das Ziel, bis 2045 Treibhausneutralität zu erreichen und den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Das Klimaschutzgesetz wurde durch den sog. Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.3.2021 konkretisiert, der sich insbesondere der Generationengerechtigkeit widmet und eine frühzeitige Einleitung des Übergangs zur Klimaneutralität verlangt.

Worauf führen Sie den Wandel hin zum Klimabewusstsein zurück?

Die Nutzung der Umwelt- und Klimaressourcen war lange Zeit weitgehend kostenlos und selbstverständlich, ohne dass die damit möglicherweise verbundenen negativen Auswirkungen bedacht wurden. Insbesondere die Bepreisung von Schadstoffausstößen hat es Wirtschaft und Verbrauchern bewusst gemacht, dass Klima ein knappes und schützenswertes Gut ist, um künftig Wohlstand zu generieren. Diese Erkenntnis hat zu einer schleichenden Akzeptanz klimaschonender Maßnahmen bei der Bevölkerung beigetragen.

Welche von den zahlreichen umfangreichen Gesetzesänderungen ist die Ihrer Meinung nach wichtigste für die Zukunft?

Die zahlreichen Gesetzesänderungen müssen im Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Denn sie dienen sämtlich demselben Zweck, nämlich den Klimaschutz in allen Rechtsbereichen zu stärken. Insofern macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um Bundes-, Landes- oder Selbstverwaltungsrecht handelt. Entscheidender Bewertungsmaßstab sind stets die Vorgaben des Grundgesetzes, das den Rechtsgütern Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG) verpflichtet ist.

Inwieweit sind die Änderungen bedeutsam für Unternehmer und Privatpersonen?

Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle daraufhin überprüfen, ob sie auch in Zukunft eine nachhaltige Entwicklung gestatten. Andernfalls haben Betriebe Schwierigkeiten, staatliche Fördermittel und Bankkredite zu erhalten.

Konsumenten sind vornehmlich durch das Bau-, Produkt-, Energie- und Verkehrsrecht betroffen. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass bei klimaschutzrelevanten Abwägungen das neu eingeführte Kriterium des besonderen öffentlichen Interesses Vorrang genießt. Es sei nur an die Bewirtschaftung von Flächen für erneuerbare Energien erinnert.

Auch im Energierecht gab es zahlreiche Neuerungen, welche wird uns zukünftig am längsten beschäftigen?

Der Schwerpunkt im Energiesektor wird künftig bei der Suche nach und der Ausschöpfung unterschiedlicher erneuerbarer Energiequellen liegen. Jenseits der bisher verfügbaren Optionen – wie Wind- und Solarenergie oder der Einsatz von Wärmepumpen – ist die Aufrechterhaltung der Technologieoffenheit von entscheidender Bedeutung, um abgesehen von Wasserstoff und E-Fuel auch anderen, noch unbekannten Energieträgern eine Entwicklungsperspektive zu eröffnen. Denn es ist nach dem derzeitigen Forschungsstand ungewiss, ob nicht etwa Wärmepumpen mittelfristig erhebliche Schäden im Erdreich anrichten und deshalb als Alternative ausscheiden.

Die Bundesregierung ist im Begriff zu veranschlagen, dass Heizungen ab 2024 durch 60 % erneuerbare Energie betrieben werden sollen. Halten Sie dies für umsetz- und tragbar?

Die geplante Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes ist mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet und verfassungsrechtlich unausgegoren. Man denke nur an die Ausnahmeregel für 80-jährige Hausbesitzer. Diese Altersgrenze ist willkürlich und sachlich nicht begründbar. Sie betrifft nur einen kleinen Personenkreis und übersieht, dass grundsätzlich alle Rentnerinnen und Rentner eine Befreiung benötigen, weil das Hauseigentum gleichzeitig eine wichtige Säule der Altersvorsorge ist. Außerdem: Wie verhält es sich im Sanierungsfall mit 80-Jährigen, die eine Eigentumswohnung in einem Haus besitzen, in dem ansonsten nur junge Menschen wohnen? Für Vermieter können die hohen energetischen Anforderungen trotz staatlicher Zuschüsse faktisch zu einer Enteignung führen, falls keine andere Wahl besteht, als die Immobilie wegen der Kostenlast zu veräußern. Angesichts der hohen Energie- und Kreditkosten ist, wie belastbare aktuelle Daten belegen, damit zu rechnen, dass die Neubautätigkeit zurückgeht und auch deshalb die gewünschten Ziele verfehlt werden.

68001N Wichtige Klimaschutzgesetze

Wichtige Klimaschutzgesetze für Unternehmen, Verbände und Verbraucher

Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rolf Stober.

1. Auflage. 2023. XIV, 1375 Seiten. Broschur.
ISBN: 978-3-482-68001-4

Preis: 23,90 €

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