Online-Nachricht - Donnerstag, 30.06.2022

Umsatzsteuer | Zuordnung eines in Bauplänen mit "Arbeiten" bezeichneten Zimmers zum Unternehmen (BFH)

Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH, Urteil v. 7.7.2011 - V R 42/09, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Für eine Zuordnung zum Unternehmen kann bei Gebäuden die Bezeichnung eines Zimmers als Arbeitszimmer in Bauantragsunterlagen jedenfalls dann sprechen, wenn dies durch weitere objektive Anhaltspunkte untermauert wird (BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19); veröffentlicht am 30.6.2022).

Hintergrund: Hintergrund: Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein Vorsteuerabzug, der sich aus der Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmensvermögen ergibt, nur dann zulässig, wenn diese Zuordnung dem zuständigen Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung mitgeteilt wurde.

In diesem Zusammenhang hat der BFH im Hinblick auf die neuere EuGH-Rechtsprechung (vgl. EuGH, Urteil v. 25.7.2018 - C-140/17 "Gmina Ryjewo") dem EuGH u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob diese Zuordnungsfrist mit Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 MwStSystR in Einklang steht (BFH, Beschluss v. 18.9.2019 - XI R 3/19, BStBl 2021 II S. 112 (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.1.2020 m. Anm. Nacke) sowie BFH, Beschluss v. 18.9.2019 - XI R 7/19, BStBl 2021 II S. 118, s. hierzu Seifert, NWB 30/2021 S. 2180 sowie unsere Online-Nachricht v. 30.1.2020 m. Anm. Nacke).

Der EuGH bestätigt in seinem Urteil v. 14.10.2021 - Rs. C-45/20 "E" und C-46/20 "Z", dass es grundsätzlich nicht unionsrechtswidrig sei, dem Steuerpflichtigen in solchen Fällen eine Frist für die Dokumentation seiner Zuordnungsentscheidung zu setzen und, sofern die Finanzverwaltung bis zum Ablauf dieser Frist nicht in die Lage versetzt wird, eine solche Zuordnung festzustellen, den Vorsteuerabzug zu verwehren. In diesen Fällen könne dann unionsrechtskonform von einer Zuordnung des Gegenstands zum Privatvermögen ausgegangen werden. Allerdings stellt der EuGH klar, dass diese Vorgaben an die Dokumentation einer Zuordnung nur dem Grundsatz nach unionsrechtskonform seien, im Hinblick auf deren Verhältnismäßigkeit aber einer weiteren Überprüfung durch die nationalen Gerichte bedürften (s. hierzu Masuch, NWB 45/2021 S. 3296).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Streitig ist, ob dem Kläger, der einen Gerüstbaubetrieb betreibt, der teilweise Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen zur Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes zusteht. Finanzamt und FG der ersten Instanz (Sächsisches FG, Urteil v. 19.3.2018 - 5 K 249/18) hatten den Vorsteuerabzug u.a. mit der Begründung versagt, dass der Kläger das Gebäude nicht zeitnah dem Unternehmen zugeordnet habe. Der BFH setzte das Verfahren mit Beschluss v. 18.9.2019 - XI R 3/19 aus (Einzelheiten hierzu im "Hintergrund").

Nach Ergehen des EuGH-Urteils v. 14.10.2021 - Rs. C-45/20 "E" und C-46/20 "Z" (s.o.) führen die Richter des BFH nunmehr weiter aus:

  • Für die Dokumentation der Zuordnung ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich.
  • Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
  • Für eine Zuordnung zum Unternehmen kann bei Gebäuden die Bezeichnung eines Zimmers als Arbeitszimmer in Bauantragsunterlagen jedenfalls dann sprechen, wenn dies durch weitere objektive Anhaltspunkte untermauert wird.
  • So ist es z.B. dann, wenn der Unternehmer für seinen Gerüstbaubetrieb einen Büroraum benötigt, er bereits in der Vergangenheit kein externes Büro, son¬dern einen Raum seiner Wohnung für sein Unternehmen verwendet hat, und er beabsichtigt, dies in dem von ihm neu errichteten Gebäude so beizubehalten.

 
Hinweis: Ebenfalls mit Urteil v. 4.5.2022 hat der XI. Senat des BFH zur Zuordnung einer gemischt genutzten Photovoltaikanlage zum Unternehmensvermögen entschieden. Lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.6.2022).

Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19); NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Alois Nacke gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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