Die Familienstiftung als Instrument der Vermögens- und Unternehmensnachfolge

Die Anzahl der Familienstiftungen (vgl. oben Rz. 1) war bislang relativ gering, was vor allem auf die lange Zeit sehr restriktive Landesstiftungsgesetzgebung zurückzuführen ist. Bis zum Inkrafttreten des Stiftungsmodernisierungsgesetzes am 1.9.2002 waren Familienstiftungen in einzelnen Ländern nicht genehmigungsfähig. Erst seitdem erfreut sich die Familienstiftung zunehmender Beliebtheit, so dass ihre Zahl in den letzten Jahren kontinuierlich zunimmt.

Begriff der Familienstiftung

Die Familienstiftung ist keine besondere Rechtsform der Stiftung, sondern eine Anwendungsform, für die insbesondere steuerliche Besonderheiten (vgl. unten Rz. 455) gelten. Als privatnützige Stiftung ist sie im BGB weder gesondert angesprochen noch definiert; in verschiedenen Landesstiftungsgesetzen sind Familienstiftungen indes erwähnt und definiert; es gelten für sie teilweise Sonderregelungen, wie z. B. bei der Stiftungsaufsicht (vgl. unten Rz. 152).
Seit der Anerkennung der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung in § 80 Abs. 2 BGB steht die Zulässigkeit der Familienstiftung außer Frage. Denn seitdem ist die alleinige Schranke für die Anerkennung, dass die Stiftung das Gemeinwohl nicht gefährdet. Eine Familienstiftung zeichnet sich verkürzt gesagt dadurch aus, dass sie ganz überwiegend dem Wohl der Mitglieder einer Familie dient.

Besonderheiten bei der Beteiligung einer Familienstiftung für Zwecke der Unternehmensnachfolge

Die mit einer Familienstiftung verbundenen Ziele sind:

  1. Absicherung der Familienangehörigen;
  2. Erhalt des Unternehmens;
  3. Vermeidung von Liquiditätsabflüssen durch familien-/erbrechtliche Ansprüche;
  4. Ausschluss von Streitigkeiten innerhalb der Familie bzw. unter den Erben.

Die beiden ersten Ziele lassen sich durch die Stiftungslösung leicht erreichen, weil die Versorgung der Familie einerseits und der Erhalt des Unternehmens andererseits miteinander verknüpft sind.
Aber auch die Vermeidung von Liquiditätsabflüssen durch

  • Pflichtteilsansprüche
  • Zugewinnausgleichsansprüche
  • Abfindung an weichende Gesellschafter
  • Entnahmen für Erbschaftsteuerzahlungen

entfallen. Denn das in die Stiftung eingebrachte Vermögen ist – sofern zehn Jahre zwischen der Überführung und dem Ableben des Stifters liegen – diesen Ansprüchen nicht mehr ausgesetzt. Kein Ehegatte eines Familienangehörigen und kein Abkömmling des Stifters kann bzgl. dieses Vermögens Ansprüche geltend machen.
Aber auch die bei Erbauseinandersetzungen typischerweise auftretenden Konflikte lassen sich ebenso lösen wie die Probleme künftiger Erblasser, wem sie das unternehmerische Vermögen weitervererben können, weil er als geeigneter Nachfolger erscheint.
Positiv ist zudem die gegenüber einer Personengesellschaft niedrigere Besteuerung der Stiftung und die Vermeidung von Mitbestimmung.
Ferner sind von der Familienstiftung keine Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften zu beachten und der innere Aufbau der Stiftungsorganisation erhält größere Flexibilität.
Das in der Familienstiftung eingebrachte Unternehmensvermögen ist vor Haftungsansprüchen geschützt, die sonst Gläubiger eines Gesellschafters geltend machen können, z. B. durch Pfändung des Anteils bzw. eines Gewinnanspruchs. Um die Rechte des Destinatärs vor einer Pfändung zu schützen, bedarf es einer entsprechenden Satzungsregelung. Die Destinatärrechte sind nämlich nicht pfändbar, wenn der Destinatär keinen klagbaren Anspruch auf die Erträge aus der Stiftung hat.
Im Unterschied zur gemeinnützigen Stiftung ist die Übertragung des Vermögens auf die Stiftung nicht irreversibel. Die Rückabwicklung einer Familienstiftung ist – ungeachtet etwaiger steuerlicher Folgen – möglich.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem „Handbuch der Stiftung“ von Dr. Hellmut Götz und Dr. Ferdinand Pach-Hanssenheimb.


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