Die Erbenhaftung und deren Abwehr

Nicht immer geht eine Erbschaft (allein) mit einer Übertragung von Vermögen einher. Denn mit dem Tod des Erblassers bleiben selbstverständlich auch dessen Verbindlichkeiten bestehen und gehen als Teil des Nachlassvermögens grundsätzlich auf den Erben über.

Das Wesentliche in Kürze:

  • Bei der Beratung über die Annahme einer Erbschaft ist die Kenntnis des rechtlichen Instrumentariums zur Haftungsbeschränkung bei dem bzw. den Erben unerlässlich. Sofern der Nachlass unübersichtlich und es deshalb unklar ist, ob der Nachlass überschuldet ist, sollte der Berater schon aus Haftungsgründen das sogenannte Aufgebotsverfahren im Blick haben.
  • Möglich ist natürlich auch, die Erbschaft vollständig auszuschlagen. Dies erweist sich allerdings im Hinblick auf die kurze Ausschlagungsfrist von sechs Wochen (1944 BGB) oftmals als problematisch, da sich die Werthaltigkeit komplexerer Nachlässe innerhalb so kurzer Zeit regelmäßig nicht abschließend beurteilen lässt, so dass eine "vorschnelle" Ausschlagung auf Beraterseite wiederum Haftungsrisiken mit sich bringt.

Arten von Nachlassverbindlichkeiten

Ausgehend von § 1967 BGB werden die Nachlassverbindlichkeiten regelmäßig in drei Gruppen eingeteilt, nämlich

  • die Erblasserschulden,
  • die Erbfallschulden und
  • die Nachlasserbenschulden.

Begrenzung der Erbenhaftung

Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten. Diese Haftung erstreckt sich nicht nur auf den Nachlass, sondern auch auf das eigene Vermögen des Erben. Das Gesetz gibt dem Erben unterschiedliche Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung an die Hand. Das rechtliche Instrumentarium gilt dabei jedoch als (zu) kompliziert und begegnet dem Vorwurf, an den Bedürfnissen der Praxis vorbeizugehen.

So kann der Erbe nach Annahme der Erbschaft durch Einreden oder mit Hilfe gesetzlicher Verfahren erreichen, dass sein Eigenvermögen nicht angetastet wird, wobei einige dieser Einreden und Verfahren nur gegenüber einzelnen, andere aber gegenüber allen Nachlassgläubigern wirken. Schließlich kann sich der Erbe durch Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung bei Beachtung der vorgesehenen Fristen völlig von der Erbschaft befreien.

  • Befristete Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten
    • Vor Annahme der Erbschaft
    • Nach Annahme der Erbschaft
  • Dauerhafte Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten gegenüber einzelnen Nachlassgläubigern
  • Dauerhafte Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten gegenüber allen Nachlassgläubigern
    • Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren
    • Dürftigkeitseinrede

Praxishinweis: Die Inventarerrichtung hat – was in der Praxis oftmals übersehen wird – keine haftungsbeschränkende Wirkung. Sie ist für den Erben vielmehr ein Mittel, sich die Haftungsbeschränkung zu erhalten, da nach der Inventarerrichtung die Möglichkeit entfällt, durch Fristversäumung das Recht zur Haftungsbeschränkung zu verlieren (Ausnahme: § 2005 Abs. 2 BGB). Den Nachlassgläubigern ermöglicht die Inventarerrichtung die Feststellung des Nachlassbestandes und eine Entscheidung darüber, ob Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt werden soll.

Miterbenhaftung

Die Prinzipien der unbeschränkten aber beschränkbaren Haftung gelten grundsätzlich auch dann, wenn mehrere Miterben vorhanden sind, wobei in diesen Fällen hinsichtlich der Haftung einzelner Erben Besonderheiten gelten. Dabei geht es im Kern auch hier um die Fragen, ob zur Haftungsmasse auch das Privatvermögen des Miterbens gehört oder ob er nur mit seinem Anteil am Nachlass haftet.

Bei der Frage, ob und welcher Höhe ein Miterbe für Altschulden des Erblassers haftet, ist danach zu unterscheiden, in welchem Stadium sich die Abwicklung der Erbschaft gerade befindet. Danach ist zwischen dem Zeitraum bis zur Annahme der Erbschaft durch den Miterben, für den Zeitraum nach der Annahme der Erbschaft bis zur Teilung der Erbschaft unter den Miterben und für den Zeitraum nach der Teilung des Nachlasses zu unterscheiden.

Der Text ist ein Auszug aus dem Beitrag von Michael Bisle aus dem Beitrag Die Erbenhaftung und deren Abwehr– , Gesetzliche Regelung, Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten und Miterbenhaftung NWB-EV 11/2021 S. 371, NWB AAAAH-93189.

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