Fachberater & Co. – Zusatzqualifikationen und ihre Bewerbung

Gefahr der „Irreführung“ selbst bei Werbung mit wahren Aussagen

Die Fälle, in denen die Werbeaussagen durch Freiberufler gerichtlich auf den Prüfstand gestellt werden, finden sich in schöner Regelmäßigkeit vor dem Bundesgerichthof wieder. Kürzlich befasste sich der I. Zivilsenat (Urteil v.  - I ZR 114/20, NWB QAAAH-88753) mit der Werbung eines Zahnarztes für seine kieferorthopädischen Leistungen. Hierbei stand die fachliche Qualifikation im Mittelpunkt der Überlegungen – ein Thema, das jeder Berufsstand kennt. (Zusatz-)Qualifikationen, Weiterbildungen, Zertifikate und Fachtitel stehen im Allgemeinen für Qualität und strahlen Professionalität aus. Die Werbung mit ihnen ist daher oftmals erfolgreiches und somit beliebtes Mittel, um potenzielle Mandanten, Kunden und Klienten von den angebotenen Dienstleistungen zu überzeugen. Allerdings ist bei dieser Art von Werbung Vorsicht geboten. Denn schnell werden potenzielle Mandanten nach Ansicht der Rechtsprechung irregeführt. Selbst die Werbung mit wahren Aussagen kann sich als unlauter erweisen. Dies gibt Anlass, die Grenzen der Werbung mit besonderen Qualifikationen, wie insbesondere dem steuerlichen Fachberater, näher zu untersuchen.

I. Die Fachqualifikation des Steuerberaters

Das Berufsrecht der Steuerberater steht – im Gegensatz zum Anwaltsrecht und den dortigen derzeit 24 Fachanwaltsbezeichnungen – noch am Anfang der Entwicklung zum Führen weiterer beruflicher Bezeichnungen. Obwohl der Gesetzgeber bereits im Jahr 1984 der Satzungsversammlung der Bundessteuerberaterkammer die Möglichkeit eingeräumt hat, die Voraussetzungen des Führens von Bezeichnungen, die auf besondere Kenntnis bestimmter Steuerrechtsgebiete hinweisen, festzulegen (vgl. § 86 Abs. 4 Nr. 11 StBerG), ist das Führen einer Fachberaterbezeichnung erst seit dem Jahre 2007 (zuletzt geändert im Jahre 2010) möglich. Seitdem regelt die Fachberaterordnung (FBO), welche ein Teil der Berufsordnung ist, die zugelassenen Fachberaterbezeichnungen und die Voraussetzungen für die Verleihung der Fachberaterbezeichnungen (1. Teil) S. 3905sowie das Verfahren einschließlich der Rücknahme und des Widerrufs der Verleihung der Fachberaterbezeichnung (2. Teil) (§ 29 BOStB).

1. Verleihungsvoraussetzungen

Die Fachberaterordnung sieht die Verleihung von derzeit zwei Fachberatertiteln, den „Fachberater für Internationales Steuerrecht“ und den „Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern“, vor. Kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen für die Verleihung eines der beiden Fachberatertitel sind

  • die Bestellung als Steuerberater;

  • mindestens drei Jahre Bestellung als Steuerberater zum Zeitpunkt der Verleihung (§ 3 FBO);

  • der Erwerb besonderer theoretischer Kenntnisse (§ 4 FBO);

  • der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen (§ 5 FBO);

  • drei schriftliche Leistungskontrollen von je vier Stunden (§ 6 FBO);

  • die Erfüllung der Fortbildungspflicht von jährlich zehn Stunden (§ 9 FBO).

2. Besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen

Besondere theoretische Kenntnisse und besondere praktische Erfahrungen liegen vor, wenn diese auf dem Fachgebiet erheblich das Maß dessen übersteigen, das üblicherweise durch die berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung im Beruf vermittelt wird (vgl. § 2 Abs. 2 FBO).

Der Erwerb besonderer theoretischer Kenntnisse setzt i. d. R. voraus, dass der Antragsteller an einem auf die Fachberaterbezeichnung vorbereitenden beraterspezifischen Lehrgang teilgenommen hat, der alle relevanten Bereiche des Fachgebiets umfasst (§ 4 Abs. 1 FBO). Die Gesamtdauer des Lehrgangs muss mindestens 120 Zeitstunden betragen. Leistungskontrollen werden nicht miteingerechnet.

Hinweis:

Außerhalb eines Lehrgangs erworbene besondere theoretische Kenntnisse müssen mit dem im jeweiligen Fachlehrgang zu vermittelnden Wissen deckungsgleich sein (§ 4 Abs. 3 FBO). Soweit die theoretischen Kenntnisse außerhalb eines Lehrgangs durch eine Tätigkeit als Dozent erlangt wurden, muss diese Dozententätigkeit auf die Aus- und Fortbildung von Steuerberatern gerichtet gewesen sein.

Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung (bei möglicher Verlängerung durch Elternzeit und Mutterschutz um maximal 36 Monate) im Fachgebiet als Steuerberater persönlich und eigenverantwortlich mindestens 30 Fälle im Internationalen Steuerrecht oder im Bereich Zölle und Verbrauchsteuern bearbeitet hat (§ 5 FBO). Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle können zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung als dem Faktor 1,0 führen.

Ein „Fall“ ist – entsprechend dem Verständnis des Begriffs im Rechtsleben und im täglichen Gebrauch – „jede juristische Aufarbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhalts, der sich von anderen Lebenssachverhalten und dadurch unterscheidet, dass die zu beurteilenden Tatsachen und die Beteiligten verschieden sind“ (vgl.  AnwZ (B) 36/01, NWB AAAAB-96055).

Erläuterung:

Der Antragsteller muss – unbeschadet seiner Eingliederung in den Kanzleiablauf als Angestellter, freier Mitarbeiter oder Gesellschafter – als maßgeblicher, für den Gang des Verfahrens verantwortlicher Sachbearbeiter die Fälle persönlich bearbeitet haben. Entscheidend ist seine eigenständige, weisungsfreie, fachliche und selbständige Bearbeitung ( AnwZ (B) 37/05, NWB TAAAB-96066).S. 3906

Zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen hat der Antragsteller eine Fallliste vorzulegen, welche regelmäßig Angaben zu dem Gegenstand, Zeitraum, der Art und dem Umfang der Tätigkeit und Stand der Beratungsangelegenheit (ohne identifizierenden Mandatsbezug) enthalten muss (§ 7 Abs. 3 Satz 1 FBO).

Die Fallliste hat bei der Antragstellung regelmäßig die größte Bedeutung, um die mit dem Antrag befassten Mitglieder des Fachausschusses in die Lage zu versetzen, die praktischen Erfahrungen des Antragstellers auf Anhieb und nur durch die eingereichten Unterlagen beurteilen zu können (Günther, Berufsrecht der Steuerberater, 2021, S. 16).

Im Jahre 2012 bestätigte der  AnwZ (Brfg) 3/12, BRAK-Mitt. 2012 S. 243 Rz. 6) für den anwaltlichen Bereich, dass das Fachgespräch (§ 7 Fachanwaltsordnung) allenfalls als ergänzende Beurteilung in den Bereichen stattfindet, in denen die schriftlichen Unterlagen nicht ausreichen, aber der Nachweis im Rahmen eines Fachgesprächs noch aussichtsreich erscheint.

Erläuterung:

Das Fachgespräch tritt damit nicht als eigenständige Prüfung der fachlichen Qualifikation des Bewerbers neben die sonstigen geforderten Nachweise, sondern hat Bedeutung nur als ergänzende Beurteilungsgrundlage für die Fälle, in denen die schriftlichen Unterlagen nicht ausreichen, der Nachweis im Rahmen eines Fachgesprächs aber noch aussichtsreich erscheint.

Hierbei handelt es sich inzwischen um gefestigte Rechtsprechung ( AnwZ (Brfg) 29/12, NWB JAAAE-52886 AnwZ (Brfg) 60/12, NWB KAAAE-65406). Danach tritt das Fachgespräch nicht als zusätzliche Prüfung der fachlichen Qualifikation des Bewerbers neben die in der Fachanwaltsordnung geforderten Nachweise; hat ein Rechtsanwalt daher ausreichende Unterlagen (§ 7 FBO) vorgelegt, ist für ein Fachgespräch kein Raum (Günther, BeckOK FAO, 15. Ed. , FAO § 7 Rn. 2, 3).

Eigene Bewertung:

Unter Beachtung der Rechtsprechung zur Fachanwaltsordnung dürfte das vorgesehene Fachgespräch (§ 8 FBO) obsolet geworden sein.

3. „Anforderungsprofil“ für einen Fachberater

Die nachzuweisenden besonderen Kenntnisse umfassen beim „Fachberater für Internationales Steuerrecht“ folgenden Bereiche:

  • Internationales Steuerrecht:

    • Außensteuerrecht (Nationales);

    • Recht der Doppelbesteuerung;

    • Internationale Bezüge des Umwandlungssteuerrechts;

    • Grundzüge der systematischen Grundstrukturen ausländischer Steuerrechtsordnungen;

    • Grundsätze internationaler Einkünftezuordnung, soweit nicht in einem anderen Punkt erfasst;

    • Besteuerung von Steuerausländern in Deutschland (beschränkt Steuerpflichtige);

    • Besteuerung inländischer Steuerpflichtiger im Ausland, insbesondere Strukturierung von Auslandsinvestitionen;

    • grenzüberschreitende Arbeitnehmerbesteuerung;

    • Steuerplanungstechniken;

    • internationales Erbschaftsteuerrecht und ggf. Vermögensteuerrecht;

    • Verrechnungspreise einschließlich der Dokumentationspflichten;

    • verfahrensrechtliche Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten;S. 3907

    • steuerrechtliche Bezüge des Europarechts;

    • Grundzüge des EGV, insbesondere die Grundfreiheiten, soweit sie für das Europäische und Internationale Steuerrecht relevant sind;

    • EU-Steuerrecht, insbesondere die EU-Richtlinien; Gegenstand ist nicht die Umsatzsteuer im Europäischen Binnenmarkt sowie anderer ausländischer Staaten.

Die nachzuweisenden besonderen Kenntnisse umfassen beim „Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern“ folgende Bereiche:

  • Zölle:

    • Grundlagen des Zollrechts;

    • Einfuhrabfertigung und freier Verkehr, Zolltarifrecht;

    • Zollwertrecht;

    • Warenursprungs- und Präferenzrecht;

    • Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung, einschließlich externes Versandverfahren;

    • elektronische Zollabwicklung unter ATLAS, Ausfuhrverfahren;

    • Zollschuldrecht, Rechtsschutz und Billigkeitsmaßnahmen;

    • Straf- und Bußgeldsachen im Bereich Zölle und Verbrauchsteuern;

    • Zoll- und (Einfuhr-)Umsatzsteuer;

    • Marktordnungsrecht;

    • Außenwirtschaftsrecht;

    • Außenwirtschafts-Straftaten und Ordnungswidrigkeiten;

    • Besonderheiten des Abgabenrechts.

  • Verbrauchsteuer- und Monopolrecht:

    • Rechtsquellen;

    • Wesen der Verbrauchsteuern;

    • Art und Besonderheiten der jeweiligen Verbrauchsteuer;

    • besondere verfahrensrechtliche Vorschriften einzelner Verbrauchsteuern, z. B. bezüglich der Buchführungs- und Anmeldepflichten;

    • europarechtliche und internationale Fragestellungen im Zusammenhang mit den Verbrauchsteuern;

    • Rechtsprechung.

II. Der Blick des BGH auf Werbung mit Fachqualifikationen

Nach Verleihung der Fachberaterbezeichnung (§ 19 Abs. 1 FBO) stellt sich die Frage, auf welche Art und Weise der Steuerberater damit werben darf. Hierzu sei zunächst auf die aktuelle Entscheidung des BGH (I ZR 114/20) zur Werbung eines Zahnarztes mit kieferorthopädischen Leistungen eingegangen.

1. Die Entscheidung BGH I ZR 114/20

Sachverhalt:

Ein Zahnarzt hat eine Zusatzausbildung in Österreich mit dem Titel „Master of Science Kieferorthopädie“ abgeschlossen, hält eine Vorlesung dazu und ist Referent für Kieferorthopädie bei Kindern. Auf dem kieferorthopädischen Gebiet hat er seinen Tätigkeitsschwerpunkt. Eine anerkannte Weiterbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie hat er hingegen nicht absolviert. Er warb im Internet insbesondere mit „Kieferorthopädie in der... Straße“ sowie „Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie“. Die S. 3908zuständige berufsständische Kammer hielt diese Werbung für irreführend und klagte dagegen.

Der BGH gab der Kammer überwiegend recht und hat in seinem Leitsatz formuliert:

„Wirbt ein Zahnarzt, der nicht Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist, mit den Angaben „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“, muss er der dadurch ausgelösten Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise, er sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, durch zumutbare Aufklärung entgegenwirken.“

Das Gericht hat in seiner Entscheidung auf § 5 UWG abgestellt, wonach unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ausgangspunkt der Überprüfung ist stets das Verkehrsverständnis der Verbraucher – hier also der potenziellen Patienten, im Fall der Werbung eines Steuerberaters der potenziellen Mandanten.

Der BGH stellte fest, dass der Verbraucher den Begriff „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ und noch mehr die gebräuchlichere Abkürzung „Kieferorthopäde“ kenne. Er stelle sich darunter einen Zahnarzt vor, der eine anerkannte Weiterbildung im Fachgebiet der Kieferorthopädie mit bestandener Prüfung absolviert habe. Vertiefte Gedanken zur Dauer und zum Inhalt einer solchen Weiterbildung mache sich der Verbraucher dagegen nicht.

Ein erheblicher Teil der Verbraucher gehe dennoch davon aus, nur ein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie oder ein Kieferorthopäde dürfe kieferorthopädische Leistungen erbringen, und entnehme den streitgegenständlichen Angaben daher die Aussage, der werbende Zahnarzt sei ein solcher Fachzahnarzt. Der Entstehung eines solchen Fehleindrucks hätte der Zahnarzt mit zumutbaren Mitteln entgegenwirken müssen – hier etwa durch einen deutlichen Hinweis auf die Art seiner Zusatzqualifikation.

Hinweis:

Obwohl der Zahnarzt mit objektiv richtigen Aussagen geworben hatte, hat der BGH im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zwischen der Freiheit des Zahnarztes, für sich und seine Dienstleistungen zu werben, und dem Schutz der Verbraucher vor irreführenden Angaben Letzterem zur Vorbeugung der Gefahr, dass die Unterscheidung zum „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ verwischt werden könnte, den Vorzug gegeben. Denn ein Fachzahnarzt erfüllt nach Ansicht des BGH aus Sicht der Verbraucher einen von der zuständigen Berufsaufsicht kontrollierten und gesteigerten Qualitätsstandard.

2. Eigene Bewertung der Entscheidung

Insgesamt bleibt der Bundesgerichtshof auf seiner recht harten Linie gegenüber freiberuflicher Werbung mit Qualifikationen (vgl. nur  AnwZ (Brfg) 57/18, NWB UAAAH-23887NWB UAAAH-74694; Günther, GRUR-Prax 2021 S. 262). Ihm ist sichtlich daran gelegen, formale Qualitätsstandards zu schützen. Dies ist ein legitimes Interesse, da nicht nur Verbraucher, sondern auch entsprechend qualifizierte Dienstleister geschützt werden (müssen). Auf der anderen Seite ist bei derartiger Werbung durch nicht Formalqualifizierte stets besondere Vorsicht geboten.S. 3909

III. Folgen für den Steuerberater

Die tragenden Gründe der Entscheidung I ZR 114/20 des BGH sind auf die Werbung durch Steuerberater übertragbar. Dabei regelt das Wettbewerbsrecht ergänzend zum Berufsrecht die Anforderungen an die Werbeaussagen.

§ 57 Abs. 1 StBerG, der die allgemeinen Pflichten des Steuerberaters bestimmt, formuliert insoweit u. a., dass berufswidrige Werbung verboten ist. Neben § 8 StBerG ist ergänzend § 57a StBerG eingefügt worden, wonach Werbung erlaubt ist, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Darüber hinaus wurde der Rahmen erlaubter Werbung zumindest punktuell weiter präzisiert: In § 9 BOStB finden sich bspw. Bestimmungen zur Art und Weise, wie mit Berufsbezeichnungen und Qualifikationen oder gesellschaftsrechtlichen Strukturen nach außen hin aufzutreten ist.

Abseits des Berufsrechts greift zudem das Wettbewerbsrecht ein. So liegt berufswidrige Werbung gerade bei wettbewerbswidriger Werbung vor (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 BOStB) oder es wird ausdrücklich festgestellt, dass nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen werden darf (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 3 StBerG). Das Wettbewerbsrecht nimmt dabei in der berufsrechtlichen Werbung einen bedeutsamen Maßstab für die Beurteilung der (Un-)Zulässigkeit einer Werbemaßnahme ein.

1. Fachberaterbezeichnungen

Der Steuerberater darf amtliche Titel führen. Amtlich verliehene Bezeichnungen sind die Berufsbezeichnung, die „Steuerberater“, „Steuerberaterin“ oder „Steuerbevollmächtigte/r“ lautet (§ 43 Abs. 1 StBerG), Fachberater- und Fachanwaltsbezeichnungen, akademische Grade und staatliche Graduierungen. Die Führung weiterer Berufsbezeichnungen ist nur gestattet, wenn sie – wie die zugelassenen Fachberaterbezeichnungen – amtlich verliehen worden sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 StBerG).

Hinweis:

Wegen der fehlenden amtlichen Verleihung kann daher der besondere Qualifikationsnachweis „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e. V.)“ nicht als weitere Berufsbezeichnung oder als Zusatz zur Berufsbezeichnung geführt werden (, BStBl 2010 II S. 706).

Andere Zusätze und der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft sind im beruflichen Verkehr unzulässig (§ 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG). Zusätze, die auf einen akademischen Grad oder eine staatlich verliehene Graduierung hinweisen, sind erlaubt (§ 43 Abs. 3 StBerG).

Hinweis:

Daher verstößt die Führung der Bezeichnung „Zertifizierter Ratinganalyst“ als Berufsbezeichnung gegen § 43 StBerG, da sie weder eine amtlich verliehene weitere Berufsbezeichnung i. S. des § 43 Abs. 2 Satz 1 StBerG noch einen erlaubten, auf einen akademischen Grad oder eine staatlich verliehene Graduierung hinweisenden Zusatz i. S. des § 43 Abs. 3 StBerG darstellt.

2. Sonstige Bezeichnungen

Wie mit nicht amtlichen Qualifikationen und Bezeichnungen umzugehen ist, verdeutlichen § 43 Abs. 2 StBerG§ 9 Abs. 3 und 4 BOStB: Solche Bezeichnungen dürfen von Steuerberatern nur geführt werden, wenn auf dem genutzten Medium eine klare räumliche Trennung von der zusammenhängenden Angabe des Namens und der Berufsbezeichnung „Steuerberater“ besteht. Damit soll die formale Qualität der Dienstleistungen S. 3910sichergestellt werden. Eine solche räumliche Trennung lässt sich vor allen Dingen durch Optik herstellen.

Erläuterung:

Sachgerecht sind auf dem Medium Trennlinien, unterschiedliche Schriftarten und -größen, platzhaltende Anordnung, aber auch ein ausdrücklicher Hinweis auf die Zusatzqualifikation oder ihre Platzierung in einer Fußnote. Welches Medium dabei verwendet wird, ist gleichgültig. Wenn ein Verstoß absehbar ist, bspw. bei Angaben auf einer kleinen Visitenkarte, kommt das Medium als Werbemittel nicht in Betracht (vgl. ).

Außerdem dürfen die Qualifikationen weder eine Verwechslungsgefahr mit den Qualifikationen des Fachberaters herbeiführen noch zu einer Irreführung in Bezug auf die Bezeichnungen des § 43 StBerG („Steuerberater“ usw.) führen. Der BFH (VII R 24/09, Rz. 23) hat in Bezug auf die Qualifikation „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e. V.)“ klargestellt, dass kein generelles Verbot der Werbung besteht, sondern nur der als Zusatz zur Berufsbezeichnung zu verstehende Qualifikationshinweis unzulässig ist. Nach Ansicht des LG Frankfurt/M. (Beschluss v.  - 5-35 StL 1/15) soll es jedoch eine irreführende berufswidrige Werbung darstellen, wenn ein Steuerberater auf dem Geschäftspapier die Bezeichnung „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung“ und „Fachberater für Unternehmensnachfolge“ jeweils ohne den Klammerzusatz „(DStV e. V.)“ verwendet. Auch die Führung dieser Bezeichnungen unterhalb der Unterschriftszeile verstößt danach gegen § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG, wenn sie ohne räumliche Trennung vom Namen und von der Berufsbezeichnung „Steuerberater“ aufgeführt werden.

Hinweis:

Als überschlägige Kontrolle kann der Steuerberater sich fragen, ob ein Adressat aufgrund der optischen Trennung von Namen und Berufsbezeichnung einerseits und zusätzlichen Qualifikationen andererseits ohne Weiteres in der Lage wäre, gedanklich die zusätzlichen Qualifikationen und die Bezeichnung „Steuerberater“ auseinanderzuhalten oder je für eigenständig stehend zu erkennen.

Fazit

Amtlich verliehene Titel – wie der Fachberatertitel – dürfen nur in der Form der jeweiligen Verleihung geführt werden. Ohne entsprechende Verleihung ist die Führung von Fachberatertiteln irreführend, auch wenn sie sich nur an den jeweiligen Titel anlehnt. Bei nicht amtlichen Qualifikationen und Bezeichnungen kommt es für die Zulässigkeit der Werbung auf eine klare räumliche Trennung an, es darf keine Verwechslungsgefahr bestehen zu Bezeichnungen, die auf besondere Kenntnis bestimmter Steuerrechtsgebiete hinweisen, und jegliche Irreführung muss vermieden werden.


Autoren

Tim Günther,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Versicherungsrecht in der Jähne – Günther Rechtsanwälte PartGmbB, Wirtschafts- und Berufsrecht, Hannover.

Lars Grupe,

Rechtsreferendar beim Oberlandesgericht Celle.

Fundstelle(n):
NWB 2021 Seite 3904 - 3910
NWB HAAAI-00607

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