Die globale Mindeststeuer – es wird ernst

Die Mitglieder der OECD haben sich im Herbst 2021 auf eine globale Reform der Unternehmenssteuer geeinigt. Ein Bestandteil davon ist eine globale Mindestbesteuerung (sog. Pillar Two) für sehr große Unternehmen. Im Ansatz betrifft dies (multinationale) Unternehmen mit einem konsolidierten Mindestumsatz von mindestens 750 Mio. € p. a.

Die Änderungen werden in Deutschland zunächst ca. 600 bis 800 Unternehmen betreffen. Diese zweite Säule ist von Deutschland nach den Vorgaben der EU-Richtlinie 2022/2523 bis Ende 2023 umzusetzen. Für das Gesetz zur Implementierung liegt seit dem 21.3.2023 ein Diskussionsentwurf des BMF vor.

Ein „Über“-Steuerrecht für alle Teilnehmerstaaten

Das Mindeststeuergesetz (MinStG) wird ein zusätzliches Unternehmenssteuerrecht schaffen – mit erheblicher Komplexität. Denn Recht für die globale Mindestbesteuerung soll naturgemäß uniform gelten und daher ist die Umsetzung im Grundsatz in allen teilnehmenden Staaten (nach der Begründung des BMF-Diskussionsentwurfs 138 Staaten und Territorien) exakt gleich. Der deutsche Gesetzentwurf hat 89 Paragraphen.

Weil mit Pillar Two eigenständige Besteuerungskonzepte und Rechtstraditionen überblendet werden müssen, sind die Pillar Two-Vorgaben sehr detailliert und außerordentlich technisch. Die OECD hat dafür nicht nur Model Rules geschaffen, sondern auch eine Kommentierung (immerhin 228 Seiten) und zusätzliche Guidelines.

Mindeststeuer von 15 Prozent

Der Mindeststeuersatz liegt bei 15 Prozent. Die Besteuerungsregelungen dafür (GloBE-Regelungen) setzen auf verschiedenen Ebenen an. Die GloBE-Regelungen basieren auf drei zentralen Elementen, die ineinandergreifen und kaskadierend gelten: die Income Inclusion Rule (Primärergänzungssteuer), die Undertaxed Profit Rule (Sekundärergänzungssteuer) und eine Switch-over-Klausel (ohne speziellen deutschen Terminus).

Um zu klären, „auf was“ die Mindestbesteuerung bezogen ist, ist eine ausgesprochen komplexe Ermittlung des GloBE-Einkommens und der erfassten Steuern („Bemessungsgrundlage“) notwendig. Ziel ist die Ermittlung der effektiven Steuerquote für jede Jurisdiktion und jede sog. Constituent Entity.

Gewinner und Verlierer

Welche Staaten die erhofften globalen Mehreinnahmen erhalten, ist aufgrund der vielen Variablen und wegen absehbarer Anpassungshandlungen der Unternehmen in keiner Weise sicher. Angeblich kann der deutsche Fiskus mit 1,5 bis 6,5 Mrd. € Mehreinnahmen rechnen (Ifo-Institut). Das BMF selbst geht von einem Mehraufkommen im niedrigen einstelligen Milliardenbereich (€) aus.

Ein zentraler Vorteil ist, dass die Einheit des Internationalen Steuerrechts gewahrt bleibt. Die drohende Zersplitterung von zentralen Regelungen durch jeweils nationalstaatliche Sonderregelungen war ein Hauptmotiv für die OECD-Vorgaben. Davon profitieren insgesamt auch die Unternehmen selbst, indem die Streitigkeiten über Doppelbesteuerung nicht noch zahlreicher werden.

Andererseits nutzt unbestritten eine große Anzahl internationaler Konzerne das globale Steuergefälle bislang aus – in dieser Form wird dies nicht mehr möglich sein. Mit dem Verständnis der komplexen Mechanik muss in den Unternehmen die damit konforme Aufbereitung der Konzern(berichts)daten einhergehen – und dies typischerweise in verschiedenen Jurisdiktionen und ab 2024 auch für Einheiten, für die bisher kein solches Reporting notwendig war. Es ist daher für die Unternehmen auch ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, weiterhin rechtstreu („compliant“) zu sein. Zum zusätzlichen Compliance-Aufwand kommt die Rechtsunsicherheit über die Auswirkungen, zumindest zu Beginn.

Die entgrenzte Natur einer globalen Steuer macht stringente Prozesse und einheitliche Vorgaben in den betroffenen internationalen Unternehmen notwendig. Die hohe Komplexität wird letzten Endes in der Praxis zu digitalisierten Prozessen und speziellen Anwendungstools führen. Die zahlreichen Stellungsnahmen zum Diskussionsentwurf des BMF lassen mehrfach die Hoffnung auf Erleichterungen durch Safe Harbours erkennen. Völlig zu Recht! An diesen Regeln wird auch bereits gearbeitet.

Trotzdem bleiben vor der ersten Anwendung – jetzt – sehr wohl Fragen. Zur Klärung folgen nicht nur weitere Hinweise der OECD, sondern auch Fachaufsätze im Schrifttum. Einige Aufsätze aus der IWB zur Mindestbesteuerung haben wir in einem Themen-Special gebündelt. Auch der jüngste Podcast des Tax Quartetts (Folge 3/2023) befasst sich hörenswert mit der Umsetzung in Deutschland. Es gibt angesichts der komplexen Materie selbstverständlich weitere Inhalte zu diesem Thema im Themenpaket NWB Steuern International.

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