An der Schwelle einer neuen Weltsteuerordnung – Fortschritt im Bereich der Internationalen Besteuerung von Unternehmen

Am 1.7.2021 haben sich die Verhandlungsdelegationen von 130 Staaten und Territorien unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf ein Rahmenwerk verständigt, das die Grundlage globaler Unternehmensbesteuerung in der Zukunft darstellen soll. Das neue Konzept soll ab 2023 in Kraft gesetzt werden.

Ziel der seit Jahren laufenden Verhandlungen der OECD und G20 ist es, dass multinationale Unternehmen ihre Steuerlast durch Gestaltungen nicht mehr so deutlich senken können. Die OECD hebt darauf ab, dass der Plan sicherstellen soll, das multinationale Unternehmen ihren „fairen Anteil an Steuern dort zahlen, wo sie aktiv sind“. Verbreitet kritisiert die Öffentlichkeit hier namentlich große Digitalkonzerne. Die Staaten selbst befürworten zwar Steuerwettbewerb untereinander, wollen aber dem seit Jahrzehnten laufenden schädlichen race to the bottom – also immer geringeren effektiven Steuersätzen für Unternehmen, damit diese nicht ins Ausland abwandern – jetzt einen Boden einziehen.

Ein zentraler Punkt des verhandelten sog. Zwei-Säulen-Konzepts ist eine weltweite, lückenlose Mindestbesteuerung von 15 %. Gleichzeitig werden Marktstaaten neue Besteuerungsrechte am Gewinn der Konzerne eingeräumt, soweit diese mindestens 20 Mrd. Euro Umsatz mit einer Gewinnmarge von 10 % oder darüber erzielen.

Die größten westlichen Industrieländer haben auf dem jüngsten G7-Treffen im Juni eine erste wichtige politische Übereinkunft erreicht: Sie einigten sich auf eine internationale Mindestbesteuerung für Unternehmen – erstmals mit Zustimmung der USA. Die 130 Staaten, die das Konzept nun global konsentiert haben, stehen für gut 90 % des weltweiten Wirtschaftsvolumens, darunter China, Indien, Russland und Brasilien. Neun Teilnehmer-Staaten haben das Ergebnis nicht befürwortet, etwa Irland, Ungarn und Nigeria. Diese Staaten sollen noch überzeugt werden.

Das neue Rahmenwerk schafft nach Meinung der OECD ein „Update für zentrale Elemente des internationalen Steuersystems, das in dieser Form nicht mehr einer globalen und digitalisierten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts entspreche.“

Bereits am 9. und 10.7.2021 treffen sich die Finanzminister der G20-Staaten in Venedig. Sie sollen die aktuellen Entwürfe auf politischer Ebene billigen und damit den weiteren Weg ebnen. Technische Details sollen im Oktober ausgearbeitet sein. Die aktuellen Pläne brechen mit fundamentalen Grundsätzen des Internationalen Steuerrechts. Insoweit sprechen Experten von einer „Jahrhundert-Reform“.

Bundesfinanzminister Scholz hält das Ergebnis für den „größten Durchbruch in den vergangenen 20 Jahren“ im Bereich der internationalen Besteuerung. Für Deutschland werde die Vereinbarung, so Scholz weiter, am Ende mehr Steuereinnahmen bringen.

Diese Verhandlungsrunde ist Gegenstand des NWB Tax Quartetts. Die drei Gastgeber sprachen am Tag nach Abschluss der aktuellen Verhandlungsrunde mit dem Vorsitzenden des OECD-Steuerausschusses und des Inclusive Framework on BEPS, Martin Kreienbaum. Er gibt im Interview Einblick in die Verhandlungen, erläutert aktuelle Fragen des Zwei-Säulen-Modells und skizziert, wie der Fahrplan weitergeht.

Der monatliche Podcast ist am 2.7.2021 aufgenommen worden. Diese Folge des Tax Quartetts ist wegen der Aktualität und allgemeinen Bedeutung des Themas ausnahmsweise nicht zunächst den Abonnenten des Themenpakets NWB Steuern International vorbehalten, sondern unmittelbar frei zugänglich.

Kreuzsymbol zum Schließen Folge #10 (02.07.2021) - Sonderausgabe

Neue Weltsteuerordnung

Vorsitzender des OECD-Steuerausschusses Martin Kreienbaum gibt exklusive Einblicke in die Verhandlungen zum Zwei-Säulen-Modell.

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