Rückblick über die bedeutsamste Rechtsprechung im Unternehmenserbschaftsteuerrecht 2021

Auswirkungen auf die Praxis und kritische Stellungnahmen

Die Pandemie zeigt umso mehr, wie essenziell eine sorgfältige Planung von Vermögensübertragungen ist. Denn unvorhergesehene Todesfälle, die einen Vermögensübergang nach sich ziehen, können bei falscher Steuerplanung in erheblichen finanziellen Belastungen resultieren. Dies gilt indes gleichwohl für Schenkungen. Insbesondere die Übertragung von Betriebsvermögen steht hierbei im Fokus der Steuergestaltung und -planung. Aus diesem Grund soll der nachfolgende Beitrag einen Überblick über die wichtigsten im Jahr 2021 ergangenen Urteile betreffend das Unternehmenserbschaftsteuerrecht geben, wobei insbesondere Praxisimplikationen aufgezeigt werden sollen. Ferner wird an geeigneter Stelle zu einschlägigen Urteilen kritisch Stellung bezogen.

Kernaussagen des Beitrags

  • Überwiegend für den Steuerpflichtigen nachteilige Gesetzesauslegung der Gerichte.
  • Urteile ergingen vornehmlich zur alten Rechtslage vor der Erbschaftsteuerreform 2016. Sie sind jedoch auf die neue Rechtslage übertragbar.
  • Umfassende Steuerplanung erforderlich, um spätere Unklarheiten und vermeidbar hohe Steuerbelastung zu verhindern.

Berücksichtigung des Abzugsbetrags

Rechtsprechung: BFH, Urteil v. 23.2.2021 - II R 34/19 

Gegenstand der Entscheidung war die Inanspruchnahme des gleitenden Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG a. F. Dieser Freibetrag i. H. von 150.000 € wird mit zunehmendem Erwerbswert des begünstigten Vermögens anteilig abgeschmolzen (§ 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG a. F.). Auch in der neuen Gesetzesfassung ist diese Regelung inhaltlich unverändert. Der Abschmelzungsregelung widmete sich nun jüngst der BFH. Demnach gilt der Abzugsbetrag auch dann in vollem Umfang als „verbraucht“, wenn dieser infolge der Abschmelzung auf null reduziert wird. Hierbei ist irrelevant, ob sich der Abzugsbetrag tatsächlich ausgewirkt hat, d. h. ob der Freibetrag von 150.000 € – ggf. über mehrere Erwerbe verteilt – letztlich auch steuermindernd berücksichtigt wurde. Eine Steuerentlastung ist mithin unerheblich und der Abzugsbetrag steht damit nur für den ersten der innerhalb von zehn Jahren anfallenden Erwerbe zur Verfügung.

1. Urteilsgründe

Der BFH begründet diese Auslegung mit dem Wortlaut: der Abzugsbetrag sei nur „einmal“ zu gewähren. Damit könne dieser nur für einen einzigen Erwerb (den Ersten) innerhalb von zehn Jahren berücksichtigt werden. Dies müsse ferner auch für faktisch nicht genutzte Abzugsbeträge gelten (Abschmelzung auf null), da sonst ungerechtfertigte Steuervorteile für große Unternehmensübertragungen entstünden. Denn in derartigen Fällen würde eine Privilegierung dahingehend erfolgen, dass Erwerber großer Unternehmensvermögen den Abzugsbetrag bei vollständiger Abschmelzung für etwaige spätere Erwerbe nutzen könnten – wohingegen bei Übertragungen, bei welchen ein marginaler Abzugsbetrag verbleibt, eine solche Möglichkeit aufgrund der tatsächlichen (partiellen) Nutzung versagt wird. Damit folgt der BFH der Vorinstanz sowie der Finanzverwaltung.

2. Stellungnahme und Handlungsempfehlungen

Die Auslegung des BFH erscheint u. E. zwar dahingehend konsequent, den Abzugsbetrag jedenfalls nur für den (zeitlich) ersten Erwerb zu berücksichtigen. Es wäre paradox, einen nur teilweise abgeschmolzenen Abzugsbetrag als gänzlich verbraucht, demgegenüber einen vollständig abgeschmolzenen Freibetrag als ungenutzt anzusehen. Allerdings ist nicht ersichtlich, weshalb ein bisher nicht steuermindernd berücksichtigter Abzugsbetrag nicht bei einem späteren Erwerb innerhalb der Zehnjahresfrist verwertet werden soll. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung dient die Beschränkung des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG dazu, die mehrfache Inanspruchnahme des Abzugsbetrags durch die Aufspaltung in mehrere kleinere Erwerbe zu unterbinden. Dieser Telos erscheint nicht dadurch gefährdet, dass der Abzugsbetrag insgesamt innerhalb von zehn Jahren in voller Höhe in Anspruch genommen wird.

Der Praxis bleibt anzuraten, eine Unternehmensübertragung in mehrere selbständige Erwerbe aufzuteilen. Chronologisch sollte ein kleinerer Teil i. H. von maximal 1 Mio. € zuerst übergehen. Sodann kann unter Inanspruchnahme der Regelverschonung von 85 % der verbleibende steuerpflichtige Wert von 150.000 € genutzt werden, um so den Freibetrag voll auszuschöpfen. Bei vollständiger Steuerbefreiung des Erwerbs durch die Inanspruchnahme der Optionsverschonung ist die Nutzung des Freibetrags ohnehin obsolet.

Praxishinweis

Bei Aufteilung in mehrere Erwerbe ist die steuerentlastende Wirkung des Abzugsbetrags den hierdurch erhöhten Beratungs- und Beurkundungskosten gegenüberzustellen. Darüber hinaus ist bei Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen darauf zu achten, dass die Mindestbeteiligungsquote (> 25 %) je Erwerb nicht unterschritten wird.


Der Beitrag ist ein Auszug aus dem Beitrag von Stefan Spitz und Moritz Zieglmeier, Rückblick über die bedeutsamste Rechtsprechung im Unternehmenserbschaftsteuerrecht 2021, NWB-EV 2/2022 S. 52. Abonnenten der NWB Erben und Vermögen können den Beitrag unter NWB TAAAI-02369 in der Datenbank aufrufen.

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