Umsatzsteuer: Fortzahlung der Beiträge an wegen Corona geschlossenes Fitnessstudio auf dem Prüfstand

Das FG Hamburg hatte über einen Fall zu befinden, in dem die Beteiligten sich über die umsatzsteuerliche Einordnung von Mitgliedsbeiträgen während des Lockdowns stritten. Das Gericht sah weder durch die Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge noch die angebotenen Ersatzleistungen einen Leistungsaustausch begründet. Es gibt aber auch profiskalische Entscheidungen des FG Schleswig-Holstein und des FG Niedersachsen. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.

Freiwillige Zahlungen an ein Fitnessstudio als Entgelt?

In unserer Juni-Ausgabe 2023[1] hatten wir Sie darüber informiert, dass dem Bundesfinanzhof die Frage vorliegt, ob freiwillige Zahlungen an ein Fitnessstudio, das pandemiebedingt geschlossen war, als Entgelt anzusehen sind.

Hierzu haben wir eine wichtige Ergänzung. Bei dem Verfahren, das wir Ihnen damals vorgestellt haben, war es nämlich so, dass das Schleswig-Holsteinische FG[2] einen umsatzsteuerlich relevanten Zusammenhang bejaht hatte – mit den im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen.

Die Richter aus Kiel waren daher zu dem Ergebnis gelangt: Die während des Lockdowns von den Mitgliedern mit längerfristigen Verträgen ohne eine rechtliche Verpflichtung weitergezahlten Beiträge unterliegen der Umsatzsteuer. Es handele sich um keinen – nicht steuerbaren – echten Zuschuss.

Im Revisionsverfahren muss der XI. Senat des BFH abschließend klären, ob auch bei Zahlungen ohne Gegenleistung bzw. bei Zahlungen ohne Rechtsgrund Umsatzsteuer anfällt. Wenn also bspw. Kunden aus Solidarität auf eine Rückzahlung ihrer Beiträge verzichten.[3]

Die anstehende Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist möglicherweise auch für andere Branchen von Bedeutung. – Vielleicht hat ja aber die profiskalische Entscheidung des Finanzgerichts aus Schleswig-Holstein, die sich – wenig überraschend – mit der Auffassung der Finanzverwaltung[4] [5] deckt, den ein oder anderen Hörer dann doch noch davon abgehalten, vergleichbare Fälle offenzuhalten.

Urteil des FG Hamburg

Daher ist die Info wichtig: Anders als die Kollegen aus Kiel hat das FG Hamburg[6] aktuell entschieden: Es liege keine Leistung des Betreibers vor – während der Zeit, in der das Fitnessstudio schließen musste.

Weder die Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge noch die angebotenen Ersatzleistungen können nach dem erfreulichen Urteil aus der Hansestadt einen Leistungsaustausch begründen. Soweit die Schließung im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht absehbar war, liege aber eine Anzahlung vor.[7] [8]

Urteil des Niedersächsischen FG

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es mittlerweile eine dritte FG-Entscheidung zur Besteuerung von Mitgliedsbeiträgen eines Fitnessstudios bei einer pandemiebedingten Schließung gibt.

Das Niedersächsische FG[9] hat geurteilt: Beiträge, die Mitglieder eines Fitnessstudios trotz coronabedingter Schließung an den Studiobetreiber zahlen, unterliegen der Umsatzsteuer, wenn sich die Vertragsparteien zu Beginn der Schließzeit auf eine beitragsfreie Verlängerung des Vertrags um die Zeit der Schließung geeinigt haben.[10] [11]

Im Gegensatz zu den Finanzgerichten aus den beiden benachbarten Bundesländern ließ das Finanzgericht aus Hannover die Revision nicht zu. Nach Auskunft der Pressestelle ist die Entscheidung rechtskräftig geworden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wurde also nicht eingelegt.

Unternehmen, die Beiträge im Rahmen bestehender Dauerschuldverhältnisse erheben und aufgrund behördlich angeordneter Schließungen ihre Leistungen zeitweise nicht erbringen konnten, würden von einer positiven Beurteilung des höchsten deutschen Steuergerichts profitieren. Sie sollten daher ihre Bescheide unbedingt offenhalten.

 

[1] Track 27 | Umsatzsteuer: Freiwillige Zahlungen an ein pandemiebedingt geschlossenes Fitnessstudio als Entgelt, Steuern mobil 6/2023 NWB EAAAJ-40370

[2] FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 16.11.2022 - 4 K 41/22 NWB OAAAJ-31127 – Az. beim BFH: XI R 36/22

[3] Ulbrich, Freiwillige Beitragszahlungen an ein wegen Lockdown geschlossenes Fitnessstudio – Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 16.11.2022 – 4 K 41/22, USt direkt digital 13/2023 S. 12 NWB WAAAJ-42493

[4] FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo v. 3.12.2020 - VI 3510 - S 7100 - 759 NWB BAAAH-68044

[5] Track 02-03 | Umsatzsteuer: Weiterzahlung von Mitgliederbeiträgen trotz geschlossener Fitness-Studios, Steuern mobil 4/2021 NWB MAAAH-74636

[6] FG Hamburg, Urteil v. 16.2.2023 - 6 K 239/21 NWB RAAAJ-39833 – Az. beim BFH: XI R 5/23

[7] Umsatzsteuer | Leistungen eines Fitnessstudios während der Schließzeit durch Corona-Verordnung, StuB 14/2023 S. 594 NWB BAAAJ-44204

[8] Grambeck, Fitnessstudio-Mitgliedsbeiträge während coronabedingter Schließzeiten – Jetzt muss der BFH entscheiden, USt direkt digital 14/2023 S. 12 NWB LAAAJ-43810

[9] FG Niedersachsen, Urteil v. 23.5.2023 - 5 K 59/22

[10] Umsatzsteuer | Besteuerung von Mitgliedsbeiträgen eines Fitnessstudios bei pandemiebedingter Schließung (FG), NWB Online-Nachricht v. 16.8.2023 NWB FAAAJ-46281

[11] Ulbrich, Beitragsfortzahlung an ein Fitnessstudio während der coronabedingten Schließzeit – FG Hannover, Urteil vom 23.5.2023 - 5 K 59/22, USt direkt digital 15/2023 S. 6 NWB PAAAJ-45031

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