Verschärfungen bei sogenannten Share Deals – Wichtige Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht ab dem 1.7.2021

Nachdem der erste Anlauf einer Änderung des GrEStG im Hinblick auf unerwünschte Vermeidung der Grunderwerbsteuer im Rahmen von sogenannten Share Deals verschoben wurde, hat der Gesetzgeber dieses Vorhaben wieder aufgegriffen. Am 21.4.2021 hat der Bundestag dem modifizierten Regierungsentwurf (BT-Drucks. 19/13437) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung zugestimmt (BT-Drucks. 19/28528).

Hintergrund

Ein Grundstück kann direkt übertragen werden (Asset Deal) oder indirekt über Anteilsübertragung an der immobilienhaltenden Gesellschaft (Share Deal). Beim Share Deal fällt bisher keine Grunderwerbsteuer an, wenn bestimmte Beteiligungsgrenzen bzw. Haltefristen eingehalten werden. Die Regelungen in den §§ 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG sind zwar recht schwer verständlich, doch hatte sich die Immobilienbranche darauf eingestellt und marktübliche Transaktionsstrukturen entwickelt, mit denen die Grunderwerbsteuer vermieden werden kann.

Kurz zusammengefasst: Bei immobilienhaltenden Personengesellschaften ließ sich unter Beachtung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch einen zeitlich gestaffelten Erwerb die Steuer vollständig vermeiden. Bei grundbesitzenden Kapitalgesellschaften konnte über sogenannte Club Deals mit einem Co-Investor, dessen Anteil mindestens 5,1 % beträgt, die Entstehung von Grunderwerbsteuer nach bislang geltender Rechtslage vermieden werden. Zu beachten ist, dass die Share-Deal-Regelungen jegliche Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz betreffen und nicht nur solche Gesellschaften, die ausschließlich oder überwiegend Grundbesitz halten.

Die Grunderwerbsteuer fällt als Verkehrsteuer regulär bei der Übertragung von Grundstücken an. Die Steuersätze wurden von anfänglich 2 % auf zwischenzeitlich mindestens 3,5 % auf bis zu 6,5 % angehoben. Allein diese sehr hohe Steuerbelastung bietet offensichtlich einen starken Anreiz über Share Deals die Steuer zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Dabei hat die Grunderwerbsteuer gleich zwei unangenehme Belastungswirkungen, die zur Verteuerung von Immobilien beitragen. Zum einen ist die sofort fällige Steuer an sich schon eine starke Liquiditätsbelastung und kann oftmals nicht fremdfinanziert werden. Zum anderen ist sie als Anschaffungsnebenkosten nicht sofort ertragsteuerlich abzugsfähig und kann auch nur für die anteiligen Anschaffungskosten für den Gebäudeteil über die Abschreibung (über 33 bis 50 Jahre, je nachdem ob die Immobilie Betriebs- oder Privatvermögen ist) geltend gemacht werden. Überdies neigt die Finanzverwaltung dazu, die Anschaffungskosten zu Lasten der Steuerpflichtigen oftmals wenig sachgerecht aufzuteilen, so dass der Effekt der ertragsteuerlichen Abzugsfähigkeit stark vermindert wird und nur beim Verkauf der Liegenschaft vom Veräußerungserlös abgezogen werden kann. Zudem fällt die Grunderwerbsteuer bei jeder Immobilientransaktion erneut an.

Die bisherigen Regelungen des GrEStG haben offensichtlich nicht den Effekt einer Eindämmung von Share Deals in Zusammenarbeit mit immobilienhaltenden Gesellschaften gehabt.

Die nunmehr geplanten Verschärfungen im Überblick

  • Senkung der maßgeblichen grunderwerbsteuerlichen Beteiligungsgrenze von 95 % auf 90 % für Anteilsübertragungen;
    • bei immobilienhaltenden Personengesellschaften auf neue Gesellschafter innerhalb von (zurzeit noch fünf) zehn Jahren (vgl. § 1 Abs. 2a GrEStG) sowie
    • bei Anteilsvereinigungen in einer Hand von Anteilen an immobilienhaltenden Personen- und Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 3 bzw. 3a GrEStG).
  • Verlängerung der maßgeblichen (Halte-)Fristen der Gesellschaftsanteile von fünf auf zehn Jahre für Steuerbefreiungen bei Überführungen in und von immobilienhaltenden Personengesellschaften (§§ 5, 6 GrEStG).
  • Einführung eines Ersatztatbestandes bei immobilienhaltenden Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG), so dass auch ein Wechsel des Gesellschafterbestands i. H. von mindestens 90 % innerhalb von zehn Jahren Grunderwerbsteuer auslöst.
  • Darüber hinaus wird mit der Börsenklausel ein Ausnahmentatbestand eingeführt: Anteilsübertragungen an grundbesitzhaltenden Gesellschaften sollen von der Grunderwerbsteuer verschont werden, wenn die Transaktionen über eine anerkannte Börse laufen.

Die verschärften Regelungen sollen auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 1.7.2021 verwirklicht werden, Anwendung finden. Zudem sind umfangreiche Übergangsregelungen im Hinblick auf bereits verwirklichte Anteilserwerbe zu beachten. Es ist davon auszugehen, dass der Bundesrat den Neuregelungen am 7.5.2021 zustimmt.

Was bedeutet das für die Praxis?

Immobilienentwickler, Bestandshalter und Investoren bleibt kaum noch Zeit sich mit den geplanten Änderungen zu beschäftigen und geplante Transaktionen ggf. vorzuziehen. Auswirkungen auf bereits abgeschlossene Verträge gilt es schnell zu analysieren und möglicherweise entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt auch für bereits länger zurück liegende Transaktionen, die trotz Bestandsschutz und Rückwirkungsverbot betroffen sein könnten.

Unter dem neuen Regime der Grunderwerbsteuer muss darüber hinaus wesentlich mehr Aufwand betrieben werden, damit nicht unbeabsichtigt Grunderwerbsteuer durch Änderungen in mehrstufigen Haltestrukturen ausgelöst wird. Insbesondere der neu eingeführte Tatbestand des § 1 Abs. 2b KStG für immobilienhaltende Kapitalgesellschaften stellt die Geschäftsführung vor große Herausforderungen. Sobald innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile (auch nur mittelbar) auf neue Gesellschafter übergehen, wird die Steuer auf Ebene der Gesellschaft ausgelöst. Die steuerlichen Deklarationspflichten können somit nur durch ein fortwährendes „tracking“ der gesamten mittelbaren Gesellschafterstruktur erfüllt werden.

In der Praxis muss der Immobilieninvestor sowie die immobilienhaltende Gesellschaft das Tax Compliance Management System speziell auf die komplexen Anforderungen der neuen Regelungen anpassen, nicht zuletzt auch um massive Steuernachteile etwa im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens zu vermeiden. In Zweifelsfällen sollte umso mehr das Instrument der verbindlichen Auskunft eingesetzt werden sowie die entsprechenden Anzeigepflichten sorgfältig geprüft werden.

Der Beitrag stammt aus dem Livefeed des Themenpakets NWB Erben und Vermögen. Mit dem Themenpaket NWB Erben und Vermögen finden Sie immer die beste Lösung zu Erbschaft, Nachfolgeplanung und Vermögensgestaltung für Ihre Mandanten! 

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