Geschäftsmodelle in der Krise neu ausrichten: So berücksichtigen Sie auch den Einfluss von Megatrends!

Erstes Ziel in Krisensituationen ist es, kurzfristig Liquidität und Ergebnis zu verbessern. Jedoch sollten Sparzwänge immer auch gegen spätere Chancen und Risiken abgewogen werden. Diese ergeben sich sowohl aus der Branchenentwicklung als auch aus den sog. Megatrends, wie z. B. neue Mobilität, Lieferkettengesetz, künstliche Intelligenz oder steigender Bildungsrad.

Werden diese nicht im Geschäftsmodell berücksichtigt, werden womöglich Entscheidungen getroffen, die spätere positive Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens verhindern oder einschränken.

Was sind Megatrends?

Der Begriff der „Megatrends“ wurde im Jahr 1982 vom Zukunftsforscher John Naisbitt geprägt. Es handelt sich dabei um tiefgreifende und nachhaltige Trends, die gesellschaftliche und technologische Veränderungen betreffen und für alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft relevant sind.

Laut dem Zukunftsinstitut von Matthias Horx sind Megatrends „Lawinen in Zeitlupe“ und damit kraftvolle Bewegungen in langsamer Geschwindigkeit. Gegen diese Ströme anzuschwimmen ist energieverzehrend und damit meist sinnlos. Vielmehr gilt es, die Kräfte dieser Strömungen zu nutzen und mit dem eigenen Geschäftsmodell davon zu profitieren.

Das MERITUS Megatrendradar strukturiert die relevanten Entwicklungen nach der PESTEL-Logik:

  • P: Political – politisch: z.B. Extremismus, politische Unzufriedenheit, Währungspolitik.
  • E: Economical – ökonomisch: z.B. steigende Verschuldung, Digitale Arbeit 4.0, steigender Energieverbrauch.
  • S: Social – sozial: z.B. Gesundheit, steigender Bildungsgrad, demographischer Wandel.
  • T: Technological – technologisch: z.B. Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Cybersicherheit.
  • E: Environmental – ökologisch: z.B. Nachhaltigkeit, steigende Nahrungsnachfrage, sinkende Biodiversität.
  • L: Legal – rechtlich: z.B. Lieferkettengesetz, ESG-Richtlinien, erhöhte Regulatorik.

Wie können Megatrends im Geschäftsmodell berücksichtigt werden?

Sind potenzielle Einflussfaktoren für das eigene Unternehmen oder das Ihres Mandanten erkannt, müssen die daraus resultierenden Konsequenzen auf das Geschäftsmodell systematisch analysiert und das Geschäftsmodell entsprechend angepasst werden. Albert Einstein hat einmal formuliert „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Auf Unternehmen übertragen bedeutet dies, dass Dinge z. T. fundamental verändert werden müssen, um neue Ergebnisse zu erreichen.

Empfehlenswert für die Entwicklung eines wertorientierten Geschäftsmodells ist ein über viele Jahre praxiserprobtes Konzept. Es besteht aus fünf Wertdimensionen, die dynamisch vernetzt sind und zusammen einen kontinuierlichen Wertkreislauf ergeben. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Geschäftsmodell eines Unternehmens in der Praxis deutlich einfacher evaluieren und kohärent weiterentwickeln:

  1. Bei der Wertpositionierung lautet die Leitfrage: Welche der Kernstärken, die das Unternehmen auszeichnen, sind am besten dazu geeignet, um für Kunden einen neuen (oder besseren) Nutzen zu schaffen? Und was ist die bestmögliche, daraus abgeleitete Wertpositionierung? Diese sollte sehr spezifisch sein und das Unternehmen von der Konkurrenz abheben. Anders gesagt: Was ist die USP, die Unique Selling Proposition, das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens?
  2. Das Wertangebot leitet sich im besten Fall aus der Wertpositionierung ab und ist die Antwort auf die Frage, welche profitablen Produkte und Dienstleistungen das Unternehmen anbieten sollte und wie es das Kernsortiment gestaltet. Dabei steht vor allem ein Gedanke im Vordergrund: Womit konkret kann ein Unternehmen ein Kundenbedürfnis (oder gar mehrere) besser befriedigen als die Konkurrenz? Das Portfolio sollte sich immer am Kundennutzen orientieren.
  3. Die Wertschöpfung dreht sich um die internen und externen Ressourcen eines Unternehmens (Menschen, Maschinen, Ideen, Kanäle). Dabei lautet die Leitfrage: Welche Ressourcen (und in welcher Kombination) benötigt das Unternehmen, um die Produkte und Dienstleistungen mit dem größten Kundennutzen profitabel herstellen, vertreiben und vermarkten zu können? Ziel ist eine hohe Effektivität, aber auch Flexibilität – heute mehr denn je.
  4. Die Wertabschöpfung definiert, welches differenzierte Angebots- und Preiskonzept sich auf Basis der Wertschöpfung ergibt. Entscheidend ist dabei, sich nicht – wie in vielen Unternehmen üblich – an den eigenen Kosten zu orientieren, sondern an der Zahlungsbereitschaft der Kunden und diese maximal abzuschöpfen. Ziele sind eine intelligente Kalkulation und ein profitables Pricing.
  5. Die Wertdisziplin hält den Wertkreislauf zusammen und entwickelt ihn immer weiter. Die Leitfrage hier lautet: Welche Führungsressourcen und Steuerungsinstrumente sind nötig, um einen profitablen, nachhaltigen Wertefluss sicherzustellen? Es gilt, die strategischen wie auch die operativen Vorgaben konsequent zu überwachen und die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Das Unternehmen sollte regelmäßig und ehrlich hinterfragen, ob es seinen Kunden tatsächlich einen Mehrwert bietet, wie die optimale Finanzierungsstruktur aussieht und ob die Profitabilität entlang aller Wertdimensionen gewährleistet ist. Was heute richtig ist, kann morgen falsch sein!

Vorgehensweise speziell für kleine Unternehmen

Für kleinere Unternehmen ist das Erkennen und Berücksichtigen von Megatrends im Geschäftsmodell besonders schwierig, da sie wenig Kapazitäten haben, diese Trends zu verfolgen und zu beachten. Daher muss bei ihnen „jeder Schuss sitzen“. Das Verfolgen eines falschen Trends könnte das gesamte Unternehmen gefährden. Hier bieten sich folgende Schritte an:

Schritt 1: Bestehendes Geschäftsmodell beschreiben

Basis für alle weiteren Aktivitäten ist zunächst einmal, dass das Geschäftsmodells beschrieben wird. Nur dann lassen sich Stärken, mögliche Schwachstellen und evtl. Restrukturierungsbedarf erkennen. Bei der Beschreibung sollte man beispielsweise mindestens auf folgende Punkte eingehen:

  • detaillierte Produkt- oder Leistungsbeschreibung,
  • Erläuterung des Kundennutzens (Welche Kundenbedürfnisse werden befriedigt? Also nicht: „Mit unserem Mörtel A-Toll verfüllen wir Ihren Keller“, sondern „Durch die Sanierung Ihres Kellers verbessern wir Ihr Wohlbefinden im gesamten Haus. Gleichzeitig sparen Sie Heizenergie.“),
  • Nutzen und Alleinstellungsmerkmale sind die zentralen Aspekte, die man bei der Beschreibung des Geschäftsmodells und der Kommunikation mit den Kunden beachten muss. Oft sind die Übergänge fließend und man kann die Punkte zusammenfassen.
  • Erläuterung, dass und wie man Alleinstellungsmerkmale verändern kann, wenn Wettbewerber sie in Teilen kopieren (Was kann ein neues Alleinstellungsmerkmal sein?),
  • detaillierte Beschreibung der adressierten Kunden (z. B. Männer, Besserverdiener, Eigenheimbesitzer, die gerne Auto fahren oder Geschäftskunden aus Branche X),
  • Beschreibung der Märkte, auf denen man aktiv ist oder werden will,
  • Angaben zu Einnahmequellen (Wer bezahlt was und in welchem Preissegment will man tätig sein bzw. ist man tätig (z. B. Hochpreissegment, Billiganbieter)),
  • Abhängigkeit von einzelnen Kunden, Branchen oder Lieferanten.

Schritt 2: Geschäftsmodell auf Zukunftsfähigkeit prüfen und anpassen

Wenn das Geschäftsmodell beschrieben ist, muss es auf seine Zukunftsfähigkeit überprüft werden. Dazu kann man je Bewertungskriterium (Anzahl Kunden, Umsatz, Rohertrag, Absatzmenge etc.) Punkte von 5 bis 1 vergeben: Eine 5 steht für ein Top-Ergebnis, eine 1 für ein schlechtes Ergebnis. Am Ende wird ein Mittelwert über alle Bewertungen gebildet. Dann sind drei Fälle zu unterscheiden:

  • Fall 1: Die Bewertung liegt im Bereich von 4,5 Punkten oder mehr: In diesem Fall sind Änderungen in den meisten Fällen nicht erforderlich, weil das Unternehmen gut aufgestellt ist.
  • Fall 2: Die Bewertung liegt zwischen 3,5 und unter 4,5 Punkten: Auch in diesem Fall ist ein Agieren am Markt weiter möglich, es sollte aber über etwas größere Veränderungen nachgedacht werden. Beispiele: Ergänzung oder Komplettierung des Produktportfolios, z. B. zum Angebot von Wein noch zusätzlich Käse oder Snacks anbieten; Produktmodifikationen, wie es große Markenunternehmen immer wieder umsetzen, z. B. Coca-Cola, die die klassische Cola durch veränderte Produkte (Light, Zero Sugar) bewerben oder Tempo-Taschentücher, die regelmäßig mit neuen Leistungsmerkmalen versehen werden (etwa Compact oder mit Aromastoffen); zusätzliche Dienstleistungen anbieten, vor allem, um Differenzierungsmerkmale zum Wettbewerb zu erhalten, z. B. Montage beim Kunden, ausführliche kostenlose Einweisungen, Hol- und Bringdienste.
  • Fall 3: Bewertung liegt zwischen 3,0 und weniger als 3,5 Punkten: Wenn das Geschäftsmodell grds. funktioniert, die Bewertung aber vor allem folgende Probleme aufdeckt, sollte man überlegen, ob man sein Geschäftsmodell auf andere Bereiche ausweiten oder ein zweites Standbein aufbauen kann. Beispiele: Es wird nur in eine oder zwei Branchen verkauft; es wird nur in wenige Branchen verkauft, denen es auf absehbare Zeit eher schlecht geht.
  • Fall 4: Bewertung liegt unter 3,0 Punkten: Hier sollte geprüft werden, ob es möglich ist, sich zumindest von Teilen des Geschäfts zu trennen, wie es im Beispielunternehmen bei der Fassadendämmung der Fall ist. Ist eine Trennung schwer umzusetzen, etwa, weil Kunden aus einem anderen Segment immer auch in der schlechteren Sparte kaufen, kann geprüft werden, ob man die Teile durch Drittunternehmen fertigen lässt und weiter anbietet.

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  • welchen Einfluss Megatrends für die Restrukturierung haben,
  • wie ein Konzept für die Entwicklung eines wertorientierten Geschäftsmodells aussehen kann und wie
  • kleine Unternehmen die Anpassung des Geschäftsmodell konkret umsetzen können. Dabei unterstützt das Excel-Tool „Geschäftsmodell“ aus der NWB Datenbank – inkl. Selbsttest und Überprüfung des bestehenden Geschäftsmodells.

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