Quo vadis, Ein-Mann/Frau-Kanzlei?
Digitalisierung und Spezialisierung: extrem schwieriger Spagat
Ein-Mann/Frau-Kanzleien sind von der Digitalisierung in doppelter Weise besonders betroffen. Einerseits werden nicht wenige Tätigkeiten durch Künstliche Intelligenz und Automatisierung obsolet, was eine Neuorientierung der angebotenen Beratungsleistungen erforderlich machen würde. Um für letzteres zeitliche Ressourcen zu haben, ist allerdings eine weitreichende Digitalisierung/Automatisierung der eigenen Prozesse erforderlich.
Wachsender Spezialisierungsdruck
Einzelne Steuerberater sind schon aus reiner Notwendigkeit fast immer Generalisten. Zu ihren Kerntätigkeiten gehören daher viele Prozesse, die – teilweise schon jetzt – prinzipiell automatisiert ablaufen können. Mit voranschreitender Digitalisierung dürfte sich eine Ein-Mann-Kanzlei daher früher oder später einem Mandantenschwund gegenübergestellt sehen. Ob eine Spezialisierung dann noch möglich und angesichts der personell größeren Konkurrenz überhaupt sinnvoll ist, ist zumindest fraglich.
Digitalisierungsvorhaben bleiben auf der Strecke
Natürlich können Ein-Frau/Mann-Kanzleien von der Digitalisierung auch profitieren. Wer digitaler arbeitet, optimiert die eigenen Prozesse – und spart letztlich Zeit und Geld. Das Problem: Um ernsthafte Digitalisierungsfortschritte erzielen zu können, bedarf es neben Geld vor allem Zeit und Energie. Ressourcen, die gerade in Kleinstkanzleien knapp bemessen sind. Wer Vollzeit Mandanten berät, hat es extrem schwer, sich nebenbei zum Digitalisierungsexperten zu entwickeln. Ein-Mann-Kanzleien wiederum, die es selbst nicht schaffen, die digitale Transformation zu schultern, haben kaum Möglichkeiten, sich durch Spezialisierungen neue Arbeitsfelder zu erschließen – ein Teufelskreis.
So werden Ein-Mann/Frau-Kanzleien fit für die Zukunft
Für Ein-Mann/Frau-Kanzleien dürfe es in den kommenden Jahren merklich schwieriger werden, gegenüber der Konkurrenz zu bestehen. Ein möglicher Ausweg aus dem Digitalisierungs-/Spezialisierungsdilemma: Der Zusammenschluss mit Gleichgesinnten. Im Verbund mit anderen Kleinstkanzleien lässt sich (zumindest bis zu einem gewissen Grad) Arbeitsteilung betreiben und damit schneller digitales Know-how erwerben.
Zudem ist es durchaus möglich, aus der Not eine Tugend zu machen. Wer vorübergehende Abstriche bei Mandantenzahl und Verdienst in Kauf nehmen kann und sich auf die Digitalisierung der eigenen Kanzlei fokussiert, schultert nicht nur die digitale Transformation, sondern entwickelt sich auch zum echten Digitalexperten. Ganz nebenbei ergibt sich hierbei eine zukunftsträchtige Spezialisierungsmöglichkeit: die des Digitalisierungsberaters.